Die deutsche Unternehmenslandschaft ist maßgeblich durch Familienunternehmen geprägt. 86 Prozent der deutschen Unternehmen sind eigentümergeführte Unternehmen, die rund 50 Prozent der deutschen Arbeitsplätze stellen und ungefähr die Hälfte des deutschen Gesamtumsatzes ausmachen. Wir verbinden mit ihnen Tradition, Stabilität und langfristige Unternehmensausrichtung. Nicht zuletzt deshalb sprechen wir dabei oft vom Rückgrat der deutschen Wirtschaft und verwenden Familienunternehmen synonym mit dem Begriff Mittelstand, der selbst im angelsächsischen Sprachraum keiner Übersetzung mehr bedarf.
Die eher langfristig orientierte Geschäftspolitik von Familienunternehmen lässt eine gewisse Risikoscheu und Ausgabendisziplin erahnen. So spielt beispielsweise die Weitergabe des Unternehmens an die nachfolgende Generation eine große Rolle und ist einer der Treiber für die angestrebte Nachhaltigkeit und Stabilität des Geschäftserfolgs. Damit ist größtenteils Zurückhaltung gegenüber Investoren auf der Eigenkapitalseite verbunden, was Unternehmen, die wachsen wollen, bei der Finanzierung vor besondere Herausforderungen stellt.
Banken spielen in Deutschland traditionell eine große Rolle bei der Unternehmensfinanzierung. So stellt sich die Frage, inwiefern sich die Passivseite deutscher Familienunternehmen von Nicht-Familienunternehmen hinsichtlich der Bankverschuldung unterscheidet.
Es gibt sicherlich plausible Gründe, die für eine höhere beziehungsweise niedrige Bankverschuldung bei Familienunternehmen angeführt werden können. Die unterstellte Risiko- oder Kontrollaversion von Familienunternehmen spricht zunächst für die vollständige Finanzierung aus intern generierten Cashflows, was auch den großen Teil der sogenannten Zero-Debt-Firmen in der Unternehmenslandschaft erklärt.
Möchte das Unternehmen organische oder anorganische Wachstumschancen realisieren, stehen Kapitalpartner mit unterschiedlichen Eigenschaften, Mitbestimmungs- und Kontrollvorstellungen zur Verfügung. Das Spektrum reicht vom klassischen Bankkredit über die Platzierung von Anleihen oder Schuldscheinen, der Einwerbung von Hybridkapital bis zur Aufnahme von Eigenkapitalinvestoren. Trotz der Tatsache, dass die Entscheidungskriterien unternehmensindividuell sind, stellt sich die Frage nach allgemeinen Tendenzenbei der Finanzierung von Familienunternehmen.
Genau mit diesem Thema beschäftigt sich eine Forschungskooperation zwischen dem Beratungshaus Roland Berger und dem Kreditversicherer Euler Hermes. Im Rahmen eines Disserationsprojektes bündeln beide Häuser zum Zwecke der Nachwuchs- und Wissenschaftsförderung ihr Marktwissen und stellen anonymisierte Daten zur statistischen Analyse zur Verfügung.