Erbregelung Was Eltern behinderter Kinder beachten sollten

Jörg Plesse, Erb- und Stiftungsmanager

Jörg Plesse, Erb- und Stiftungsmanager

Die Eltern eines behinderten Kindes, das dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen ist, stellt die Gestaltung des Testaments vor eine schwere Aufgabe. Dabei haben Eltern in der Regel immer die gleichen, teilweise aber konkurrierenden Ziele: Einerseits wollen sie das behinderte Kind finanziell absichern und seine Lebensqualität sicherstellen. Andererseits wollen sie das Familienvermögen, insbesondere zugunsten weiterer Kinder, vor Verbrauch und einem Zugriff des Sozialhilfeträgers schützen.

Probleme ergeben sich insbesondere, weil für das behinderte Kind häufig Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen. In vielen Fällen reichen Pflegegeld, Grundsicherung oder etwaige Rentenansprüche nicht zur Begleichung von Pflege- und Unterbringungskosten aus. Selbst wenn aktuell eine solche Unterbringung und Pflege in einer sozialen Einrichtung noch nicht besteht, fürchten Eltern häufig, dass diese nach ihrem Tod oder bei eigener Gebrechlichkeit künftig unumgänglich sein dürfte.

Da für die Grundsicherung (Hartz IV) und das Sozialgeld das sogenannte Nachrangprinzip gilt, muss jeder Hilfsbedürftige zunächst sein eigenes Vermögen einsetzen. Erst dann erhält er Sozialleistungen. Aufgrund dessen kann dem Behinderten zugefallenes Vermögen an den Sozialhilfeträger fallen. Das gilt natürlich auch für Erbschaften und Vermächtnisse. Auf diese Weise kann eine ansehnliche Erbschaft schnell aufgezehrt werden, ohne dass sich die Lebensqualität des Behinderten verbessert.

Aufgrund dessen haben Eltern in der Vergangenheit ihr behindertes Kind des Öfteren enterbt und sich gegenseitig oder die gesunden Kinder als Erben eingesetzt. Dabei wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass auch behinderte Kinder einen Pflichtteilsanspruch haben.

Diesen Anspruch kann der Sozialhilfeträger im Fall des Bezugs von Leistungen auf sich überleiten und stellvertretend für den Behinderten geltend machen. Deshalb ist von einer Enterbung des behinderten Kindes dringend abzuraten, damit kein unmittelbarer Zugriff des Sozialhilfeträgers auf den Nachlass möglich ist.

Aufzehrung des Nachlasses

Um das zu verhindern, die Versorgung des Kindes zu verbessern und das Vermögen für die Familie zu erhalten, haben findige Juristen das sogenannte Behindertentestament entwickelt. Beim Behindertentestament werden vor allem die Instrumente der Vor- und Nacherbschaft sowie der Dauertestamentsvollstreckung genutzt.

Im Detail sollte das wie folgt geregelt werden: Um die Aufzehrung des Nachlasses für das behinderte Kind zu vermeiden, sollten die Eltern das Kind lediglich als nicht befreiten Vorerben einsetzen. Damit kann die Substanz des Erbes aufgrund der gesetzlichen Beschränkungen für Vorerben nicht für den Unterhalt und die Versorgung des Behinderten aufgezehrt werden. Dem nicht befreiten Vorerben stehen nur die Erträge aus dem Vermögen zu, und nur diese dürfen dann für die Versorgung und Pflege genutzt werden.

Der behinderte Abkömmling sollte dann sowohl beim Tod des erstversterbenden als auch des zweitversterbenden Elternteils als nicht befreiter Vorerbe eingesetzt werden. Als Nacherben werden, falls vorhanden, meist die gesunden Geschwister des behinderten Kindes eingesetzt. Damit fällt das Vor - erbe nach dem Tod dieses Kindes an seine Geschwister.