Björn Siegismund von Kapilendo „Die aktuelle Bitcoin-Rally unterscheidet sich von der 2017er“

Björn Siegismund vom Berliner Vermögensverwalter Kapilendo

Björn Siegismund vom Berliner Vermögensverwalter Kapilendo: Der Krypto-Experte ordnet die Entwicklung des Bitcoins ein.

Trotz gestrigem Marktrücksetzer nehmen die Stimmen derer zu, die für den Bitcoin bis Ende 2021 Kursziele von 100.000 bis 300.000 Dollar ausrufen. Ein realistisches Szenario?

Björn Siegismund: Übergeordnet rechne ich durchaus mit einer Fortsetzung des Kursanstiegs in den nächsten Jahren. Die zitierten Kursziele stützen sich zum großen Teil darauf, dass der Bitcoin angesichts der expansiven Geldpolitik der US-Notenbank Fed in den kommenden Monaten und Jahren vor allem verstärkt als Wertaufbewahrungsmittel angesehen wird. Kurzfristig können aber nach dem starken Anstieg selbstverständlich auch erst einmal Gewinnmitnahmen und damit Rücksetzer erfolgen. Einen davon haben wir gestern gesehen.

Welche Rolle spielte das Bitcoin-Halving für den zuletzt raschen Anstieg?

Siegismund: Die Blockhalbierung ist sicherlich ein weiterer wichtiger Punkt. Beim Bitcoin-Halving wird die Belohnung für das Mining pro Block durch zwei geteilt. Das sorgt für eine künstliche Verknappung des Bitcoin-Angebots, was bei Anlegern in aller Regel zu Wertsteigerungen führt. Sobald all diese Halbierungen abgeschlossen sind, wird es keine weiteren Halbierungen mehr geben und es werden auch keine weiteren Bitcoins mehr erzeugt. Auf der anderen Seite erhöhen die Zentralbanken seit Jahren die Geldmenge des klassischen „Papiergeldes“ sehr dynamisch. Dennoch sollte man derart hohe Kursziele mit Vorsicht genießen, da erfahrungsgemäß eine Vielzahl von Faktoren Einfluss auf die Entwicklung von Vermögenspreisen hat. Vor diesem Hintergrund sollten Krypto-Währungen nicht als große Wette, aber sehr wohl als attraktive Beimischung einer modernen Portfolioallokation betrachtet werden.

Wie unterscheidet sich die aktuelle Rally von der Entwicklung im Jahr 2017?

Siegismund: Ein Spekulationsrausch wie vor drei Jahren ist dieses Mal – trotz steigender Aufmerksamkeit – nicht zu erkennen. Schaut man sich zum Beispiel das Interesse an Suchanfragen bei Google an, dann liegt es aktuell nur bei einem Drittel des Niveaus von 2017. Die aktuelle Entwicklung wird offensichtlich weniger von spekulativen Kleinanlegern getrieben. Man könnte sagen, dass die Bitcoin-Währung 2020 in eine neue Phase eingetreten ist, die insbesondere durch eine stark steigende Nachfrage institutioneller Investoren geprägt ist.

Erinnern wir uns zurück: Im Jahr 2017 dominierten Nachrichten über erfolgreiche Hackerangriffe auf Krypto-Börsen und ein mögliches Verbot des Bitcoins. Diese bleiben in diesem Jahr aus. Zudem hat sich der regulatorische Rahmen für den Krypto-Markt in 2020 weiter professionalisiert. Das schafft das notwendige Vertrauen, das jede Innovation benötigt und hat den Markt für institutionelle Investoren geöffnet. So startet beispielsweise Kapilendo in Kooperation mit Hauck & Aufhäuser in diese Woche den ersten voll regulierten Krypto-Fonds.

Liegt Warren Buffet mit seiner negativen Einschätzung zu Bitcoin also daneben?

Siegismund: Blickt man auf den Siegeszug neuer Technologien hat sich auch Warren Buffet in den vergangenen Jahren als fehlbar erwiesen. Anders als Warren Buffet akzeptieren zunehmend mehr Wall-Street-Investoren den Bitcoin mittlerweile als alternativen Vermögenswert. So hat beispielsweise der US-Lebensversicherer Massachusetts Mutual Life Insurance Fund zuletzt Bitcoins im Wert von 100 Millionen Dollar für seinen General Investment Fund erworben. Die Investmentfirma Jefferies verringert seit geraumer Zeit ihren Portfolioanteil von Gold zu Gunsten von Bitcoin. In den von Jefferies verwalteten Pensionsfonds stecken jetzt 5 Prozent Bitcoins.

Auch die Finanzchefs von Unternehmen beginnen, Bitcoin als Liquiditätsreserve einzusetzen. Das Online-Portal „Cointreasueries.org“ hat bereits rund 30 Unternehmen ermittelt, die zusammen 1,1 Millionen Bitcoin in ihrem Firmenvermögen halten. Nicht zuletzt will der Zahlungsdienstleister Paypal Bitcoin bald standardmäßig als Option anbieten.