Banken auf dem Rückzug Die Bedeutung von Private Debt in Europa wächst

Martina Schliemann, Deutschland- und Österreich-Chefin bei Muzinich & Co.

Martina Schliemann, Deutschland- und Österreich-Chefin bei Muzinich & Co.

Private Debt ist eine Form nicht börsennotierter Fremdfinanzierung, die Unternehmen nun auch von institutionellen Anlegern und nicht mehr nur von Banken angeboten wird. Diese Struktur ist zu einer wichtigen Finanzierungsquelle für schnell wachsende mittelständische Unternehmen mit Jahresumsätzen zwischen 25 und 250 Millionen Euro geworden und etabliert sich damit sehr schnell als eine wichtige Asset-Klasse.

Private-Debt-Instrumente haben typischerweise eine Laufzeit zwischen fünf und acht Jahren. Um die Investoren für die begrenzte Liquidität zu entschädigen, bietet Private Debt einen Renditeaufschlag im Sinne einer Illiquiditätsprämie im Verhältnis zu Anlagen in börsennotierten Märkten. Ein weiterer Vorteil ist, dass Private-Debt-Investitionen üblicherweise auf Basis variabler Zinssätze vorgenommen werden und somit einen gewissen Schutz gegen Zinserhöhungen bieten.

Starkes Wachstumspotenzial

Während der amerikanische Nicht-Banken-Kreditmarkt bereits Anfang der 2000er Jahre gut aufgestellt war, entwickelte sich der europäische Markt langsamer, hat aber in den vergangenen Jahren erheblich an Dynamik gewonnen. Das liegt daran, dass im globalen Bankensystem nach der Finanzkrise ein langfristiger Strukturwandel eingeleitet wurde.

Zusätzlich zur Bankenkonsolidierung haben neue Regulierungsvorschriften wie die erhöhten Kapitalanforderungen unter Basel III europäische Banken gezwungen, ihre Kernkapitalquoten zu verbessern und folglich ihre Kreditvergabe zu reduzieren. Zudem floss das von Banken verliehene Geld weitgehend in größere Kapitalgesellschaften. Das wiederum erschwerte den mittelständischen Unternehmen zunehmend den Zugang zu Finanzierungsmitteln.

Dieses Problem ist insbesondere in Europa akut, in dem laut Alternative Investment Management Association (AIMA) per 27. Juli 2016 rund 85 Prozent des Kreditwesens bankenfinanziert sind im Vergleich zu 20 Prozent in den USA. Da mittelständische Unternehmen generell nicht über die nötige Größenordnung verfügen, um sich über öffentliche Kapitalmärkte zu finanzieren, war das jüngste Wachstum von Private Debt eine logische Konsequenz und ein weiterer Ausbau ist vorhersehbar.

Breites Anlageuniversum

Schätzungen zufolge gibt es fast 100.000 mittelständische Unternehmen in den großen westeuropäischen Ländern, die mit einem erzielten Jahresumsatz von rund 7 Billionen Euro einen wesentlichen Bestandteil der Wirtschaft bilden. Dies entspricht etwa 48 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der Europäischen Union.