Schenkungen So gelingt der Nießbrauch bei Wertpapiervermögen

Mario Kuppe (l.) und Andreas Maage

Mario Kuppe (l.) und Andreas Maage: Die beiden Experten erläutern, wie man Wertpapiervermögen unter Nießbrauchsvorbehalt an die nächste Generation schenkt.

Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt sind aus dem Immobilienbereich sehr bekannt und weit verbreitet. Die Beliebtheit dieser Gestaltung lässt sich leicht mit den damit verbundenen Vorteilen begründen:

  • Der Schenker behält die laufenden Erträge, seine laufende Liquidität bleibt ihm insoweit ungeschmälert erhalten
  • Mit dem Übertrag der Substanz werden auch zukünftige Wertsteigerungen bereits „schenkungsteuerfrei“ übertragen
  • Die Schenkungsteuer-Freibeträge der nächsten Generation werden genutzt
  • Der Kapitalwert des Nießbrauchs verringert die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage

Daher liegt es nahe, auch Wertpapiervermögen auf diese Art und Weise an die nächste Generation zu schenken. Es funktioniert, allerdings ist die Umsetzung regelmäßig wesentlich komplexer als bei Immobilien.

Gründe für die Komplexität des Nießbrauchs beim Wertpapierdepot

Das liegt vor allem daran, dass es regelmäßig keinen klar definierten jährlichen Ertrag für die Bewertung des Nießbrauches gibt. Was bei Immobilien durch die Miete oder die ortsübliche Miete (bei eigengenutzten Objekten) abzüglich der Bewirtschaftungskosten und übrige Dinge relativ klar und gut zu ermitteln ist, fällt beim Depot je nach Wertpapierart sehr schwer.

Denn der Nießbrauch bezieht sich auf den laufenden Ertrag, etwaige Wertveränderungen (Kursgewinne) der Vermögenssubtanz sind hier nicht zu berücksichtigen. Kommen dann noch besondere Einnahmen, wie etwa Stillhalteprämien oder ein Barausgleich dazu, erhöht sich die Komplexität zusätzlich.

Bei allen Überlegungen gilt: je höher die angesetzte Rendite, desto höher der Barwert des Nießbrauchs und desto geringer die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Schenkung. Bleibt also die Frage, was als Ertrag beim Depot angesetzt werden muss und darf. Ein Blick ins Bewertungsgesetz (BewG) könnte Orientierung geben:

Paragraf 15 BewG - Jahreswert von Nutzungen und Leistungen

(1) Der einjährige Betrag der Nutzung einer Geldsumme ist, wenn kein anderer Wert feststeht, zu 5,5 Prozent anzunehmen.

(2) …

(3) Bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, ist als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird.

Klingt doch gut: nach Absatz 1 sind bei Geldsummen 5,5 Prozent ansetzbar. Aber handelt es sich beim Depot um eine Geldsumme? Wohl eher nicht. Also dann laut Absatz 3 der zukünftig erwartende Ertrag. Aber wie hoch ist dieser? Man könnte sich mit einer Prognose des Vermögensverwalters helfen, der bei der entsprechenden Allokation von einer jährlichen Rendite nach Kosten in Höhe von beispielsweise 5 Prozent ausgeht. Hier stellt sich das Problem, dass in dieser Rendite wohl auch ein nicht zu vernachlässigender Anteil an Kurssteigerungen enthalten ist. Und Kurssteigerungen sind keine einem Nießbrauch unterliegenden laufenden Erträge.

Daher bleibt unseres Erachtens nur, die für den Aktienanteil erwartbare Dividende (Dividendenrendite) und die für den Rentenanteil zu erwartenden Zinsen (Welche Zinsen fragt man sich allerdings in der aktuellen Zinslandschaft?) anzusetzen. Für ein Portfolio aus 70 Prozent Aktien und 30 Prozent Renten ergibt das vielleicht 2,1 Prozent (70x3% angenommene Dividendenrendite + 30x0% Zinsen). Die Kosten der Bewirtschaftung sind ebenfalls noch zu berücksichtigen.

Die von dem einen oder anderen Berater oder Anbieter in Berechnungsbeispielen angenommene Rendite von 5 Prozent wird daher in vielen Fällen der Prüfung durch das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt kaum standhalten können. Aber natürlich kann es sein, dass der Finanzbeamte die Rechnung „durchwinkt“.