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Nervöses Klima „Wenn China schwächelt, sind Schwellenländer anfällig“

Die Anleger rechnen mit einer Wachstumsverlangsamung in Europa, wo die Deflationsrisiken zunehmen und den politischen Verantwortungsträgern die Kontrolle zu entgleiten scheint. Frankreich provoziert die übrigen Mitglieder des Euroraums weiterhin mit einem übermäßigen Haushaltsdefizit und einer geringen Reformbereitschaft. Darüber hinaus kam es in Griechenland im Oktober abermals zu Turbulenzen. Daher kamen erneut ernsthafte Zweifel auf, ob die hohen Schuldenquoten in Südeuropa tragbar sind.

Sorgenkind war bisher Europa

Da es zuletzt die Lage in Europa war, die Befürchtungen auslöste, blieben die Märkte in den Schwellenländern während der Korrektur bisher relativ ruhig. Zwar kam es an allen Märkten zu Kursverlusten. Diese fielen aber geringer als in Europa aus. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die unrealistischen Wachstumserwartungen für die Schwellenländer zum großen Teil bereits in den vergangenen Jahren korrigiert wurden.

Die Entwicklungen im Euroraum können zudem von Vorteil für die Schwellenländer sein. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder die Frage gestellt, ob die Kapitalströme in die Schwellenländer auch dann anhalten würden, wenn die geldpolitischen Lockerungen in den USA zurückgenommen würden.

Gute Nachrichten für Schwellenländer

Aufgrund der Probleme in Europa ist die Europäische Zentralbank (EZB) nunmehr zu quantitativen Lockerungen gezwungen, und die US-Notenbank Fed muss ihre erste Zinsanhebung eventuell verschieben. Dies ist eine gute Nachricht für die Schwellenländer, die in hohem Maße von ausländischem Kapital abhängig sind.

Die enttäuschenden Wachstumsraten in Europa sind für diejenigen Länder ein Thema, die viel dorthin exportieren. Sie sind aber günstig für die Schwellenländer, die ausländisches Kapital zur Finanzierung des Kreditwachstums und der Leistungsbilanzdefizite benötigen. Niedrigere Zinsen in Europa und den USA dürften dazu beitragen, den Druck in zahlreichen Schwellenländern zu verringern. Insgesamt sollte dies kurzfristig positive Auswirkungen haben. Bei kräftigen Zuflüssen in Schwellenländeranleihen sollten die Wechselkurse aufwerten und die Aktienmärkte sich erholen.

Problemkomplex „China“ nicht außer Acht lassen

Allerdings sollte man einen Problemkomplex nicht außer Acht lassen, der zu großer Vorsicht gegenüber den Schwellenländern mahnt: China. Die wichtigste Wachstumslokomotive in den Schwellenländern verliert an Fahrt. Die Risiken nehmen zu. Der Immobilienmarkt befindet sich im freien Fall, was zu beträchtlichem Druck auf die Wachstumsraten und das Finanzsystem geführt hat.

Derweil fließt seit Jahresbeginn Kapital aus China ab. Dies stellt eine neue Herausforderung für die politischen Verantwortungsträger dar und sollte die Anleger zu größerer Vorsicht anhalten. Im derzeitigen, nervösen Klima an den Finanzmärkten könnte sich der Fokus von Europa auf China verlagern. Wenn dies geschieht, sind die Schwellenländer anfällig. Diese These hat sich in den vergangenen Jahren häufig bewahrheitet, sobald über sinkende Wachstumsraten oder Stress im Bankensektor in China berichtet wurde.

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