Marco Richter und Udo Schindler „Das ist die Daseinsberechtigung des Vermögensverwalters“

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Richter: Mir hat letztens ein Entscheidungsträger gesagt, dass bei seiner Bank lauter Mini-Kostolanys arbeiten. Dahin hätte man die Mitarbeiter – mit Absicht oder nicht – über die Jahre hin erzogen. Der Vertrieb war nahezu ausschließlich auf Wertpapier-Produkte ausgerichtet. Die Herausforderung für solche Institute ist nun, diesen Beratungsansatz, der vermutlich keine Zukunft hat, zusammen mit der Digitalisierung in großen Schritten weiterzuentwickeln.

Die Digitalisierung soll komplexe Sachverhalte vereinfachen. Lässt sich das auch bei einer Finanzplanung umsetzen?

Schindler: Man braucht eine enorme Erfahrung und viel Know-how, um eine Finanzplanung richtig zu machen. Das kann nicht jeder Wertpapierspezialist. Ohne ein bisschen Planung geht meines Erachtens nichts. Deswegen fehlt mir die Fantasie, dass ein Anbieter die Datenaufnahme und Finanzplanung einfach digitalisieren und im Internet anbieten kann.

Richter: Da bin ich anderer Meinung. Das, was Herr Schindler beschreibt, ist das Idealbild einer sehr detaillierten Finanzplanung mit allen steuerlichen Komponenten und Risikoparametern. Das Problem ist nur, dass wir mit einem solchen Zielbild die Messlatte für die künftigen Entwicklungsschritte zu hoch legen. Es gibt nämlich viele Anleger, die gar nicht all die Möglichkeiten einer Finanzplanung benötigen. Es existiert also eine Zwischen ebene auf dem Weg zum allerhöchsten Niveau einer Finanzplanung – und die ist für viele Kunden auch zielführend.

Schindler: Dann reden wir aber über verschiedene Zielgruppen. Sie sind im Affluent-Kundengeschäft tätig, ich im Wealth Management. Bei uns geht es nicht um den Robo-Advisor-Kunden bis 250.000 Euro, sondern um Familien mit einem meist größeren, unternehmerisch geprägten Vermögen. Deren Erwartungshaltung ist zu Recht eine andere. Entsprechend kann ich mich von anderen Anbietern nur abgrenzen, indem ich eine Dienstleistung auf sehr hohem Niveau erbringe.

Richter: Das ist aber genau der spannende Aspekt der Digitalisierung, die ein Stück weit eine Demokratisierung von Dienstleistungen mit sich bringt, die bisher nur einer zahlungskräftigen Zielgruppe vorbehalten waren. Die Frage ist: Was kann ich von den Aspekten einer Dienstleistung wie der Finanzplanung durch Automatisierung auf ein Kundensegment, das bisher davon nicht profitiert hat, übertragen? Standardisierung ist positiv, denn sie sorgt für Qualitätsmanagement und Skalierbarkeit. Die Abkehr von einer Finanzplanung im Gutachten-Stil führt diese an die Lebenswirklichkeit – der Kunde denkt nämlich in Szenarien – heran.

Wie zeitgemäß ist für Finanzprofis noch das Arbeiten mit Excel?

Schindler: Wir nutzen Excel noch für das Erstellen von Reportings. Aber nicht, weil uns keine anderen Software-Lösungen zur Verfügung stünden, sondern weil bei allen Alternativen immer etwas für unsere Kunden Entscheidendes fehlt. Mal ist es die Kennzahl des Value at Risk, mal die Sharpe Ratio. Auch sind viele Reportings für den monatlichen Nutzen des Kunden zu überbordend und unnötig mit Informationen zu Einzelpositionen gespickt. Da reicht den Kunden eine auf das Wesentliche beschränkte Excel-Datei vollkommen.