Investitionsangst Warum erholt sich die Welt nicht von der Finanzkrise?

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Totgesagte leben länger

Muss man jetzt pessimistisch werden, wenn man es nicht schon ist? Ich meine nein, weil es trotz der kontraproduktiven Politik drei Faktoren gibt, aufgrund derer sich die heutige Situation grundlegend von den 30er Jahren unterscheidet. Sie werden auch dafür sorgen, dass es kein Abgleiten der Weltwirtschaft in eine säkulare Stagnation geben wird:
  1. Die Weltbevölkerung wächst weiter mit etwa jährlich 0,8 Prozent. Insbesondere die für das Wachstum wichtige Mittelschicht in den Schwellenländern gewinnt weiter an Bedeutung. Sie hat nach wie vor einen gewaltigen Nachholbedarf, ist konsumfreudig und generell sehr leistungsbereit.

  2. Die Globalisierung schreitet trotz der nationalistischen Bestrebungen einzelner Länder unaufhaltsam voran. Nach einem scharfen Einbruch im Welthandel 2009 wurde 2012 mit einem Volumen von 17,8 Billionen Dollar (22 Billionen inklusive Dienstleistungen) das Niveau vom bisherigen Rekordjahr 2008 wieder deutlich übertroffen.

  3. Die Innovationskraft von Wissenschaftlern und Unternehmern ist noch lange nicht am Ende. Im Gegenteil, in vielen Bereichen wie der Informationsindustrie, der Pharmazeutik, den alternativen Energien, der Materialtechnik et cetera haben sich eine Reihe von vielversprechenden neuen Technologien entwickelt, die vor der Markteinführung stehen. Asiatische Wissenschaftler spielen bei der Hervorbringung echter Neuheiten eine immer größere Rolle, was die Innovationsdynamik noch verstärkt.
Wachstum trotz Politik

Schlechte Wirtschaftspolitik ist kein exklusives Phänomen der heutigen Zeit. Tatsächlich lässt sich für die meisten Phasen der ökonomischen Entwicklung in den vergangenen Jahrhunderten feststellen, dass Wachstum nicht wegen, sondern trotz politischer Interventionen erfolgt ist. Lediglich in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts gelang es der Politik erfolgreich, durch eine beispiellose Kombination aus restriktiver Geldpolitik, Protektionismus und übertriebener Sparpolitik die Wachstumskräfte zeitweise komplett abzuwürgen.

Insofern hat Robert Shiller schon Recht, davor zu warnen, dass Fehler aus dieser Zeit wiederholt werden und sich Pessimismus in den Köpfen festsetzt. Selbst wenn global gesehen kaum eine Dauerstagnation zu befürchten ist, sieht dies regional – wie in einigen Nationen Osteuropas und bestimmten Ländern der Eurozone – teilweise ganz anders aus.

Vielleicht kommen irgendwann einmal wieder Phasen besserer Politik, Anleger sollten darauf aber nicht warten. Denn insbesondere Perioden schlechter Marktstimmung und pessimistischer Erwartungen eröffnen gute Einstiegschancen an den Aktienmärkten. Dabei sind vor allem Unternehmen interessant, die gerade in diesem verunsicherten Umfeld weitsichtig in die Zukunft investieren.

Wenn alles wieder sicher erscheint, sind die guten Gelegenheiten ebenfalls weg. Nur wenn Angst regiert, und die Folgen von Investitionen überwiegend als Gefahren empfunden werden, bieten sich echte Chancen.

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