Roundtable zu Asset Allocation „Es kommt auf das Durchhaltevermögen an“

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Siegismund
: Entscheidend ist, eine Szenarioanalyse Teil einer SAA-Planung werden zu lassen. Es ist beispielsweise nicht auszuschließen, dass ein größeres Industrieland bankrott geht. Über die Auswirkungen sollte man sich Gedanken machen und entsprechend in der SAA berücksichtigen.

Das ist dann aber nur ein Szenario, und Anleger wären schlecht beraten, lediglich auf eins zu setzen. Tritt das Szenario nicht ein, kann das massive Auswirkungen auf das Portfolio haben – gerade bei Extremszenarien.

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Schütze: Das heißt, so breit wie möglich diversifiziert zu sein. Bei unseren Kunden packen wir dann noch hinter die SAA ein Risikomanagement, das die Anlage der liquiden Investments steuert. Ziel ist es, eine asymmetrische Verteilung zu erhalten, die die heftigsten Marktschwankungen nach unten entschärft.

Lähn: Das Problem ist doch, dass der Glaube an den Erfolg einer breiten Diversifikation in der Finanzkrise gelitten hat. In der Krise veränderten sich die Korrelationen, und entsprechend ausgerichtete Portfolios erlebten eine böse Überraschung. Es ist beispielsweise ein Irrglaube, dass lediglich mit Investments in weitere Asset-Klassen wie Private Equity oder Hedgefonds alles geregelt sei.

In vielen Marktsegmenten war es gerade in der Finanzkrise häufig nicht möglich, alternative Investments – auch aufgrund von Gating – zu handeln. Letztendlich haben viele vermeintliche Sicherheitsbausteine in der Finanzkrise versagt. Diversifikation allein hat sich als untauglich erwiesen.

Wenn Diversifikation das Gebot der Stunde ist, in Krisen aber nicht funktioniert, was ist dann die Lösung?

Kleis: Es stimmt, dass die Diversifikation in manchen Krisen nicht die gewünschte Wirkungen entfaltet hat. In der meisten Zeit tut sie aber genau das. Wer weiß schon, wie sich einzelne Asset-Klassen oder Einzeltitel in naher Zukunft entwickeln. Anlagen breit zu streuen bleibt grundsätzlich sinnvoll.

Schütze: Wenn ein Anleger es darf, können sie über ein Portfolio ein Risikomanagement legen. Dort steuern sie mittels Derivaten die Allokation, ohne in die physische Umsetzung der SAA einzugreifen. Es gibt Futures, die selbst in schlimmsten Marktphasen immer noch liquide sind. Mit denen kann man dann die Portfoliogewichtungen selbst in Krisenzeiten anpassen und so das Schlimmste verhindern.

Lähn: Dem kann ich nur zustimmen. Für euphorische Zeiten, wenn die Sorglosigkeit an den Märkten am größten ist, kann man diese Überlegung auch anwenden. In solchen Marktphasen arbeiten wir mit Put-Optionen, mit denen wir einen Makro-Hedge über das Gesamtportfolio legen.

Vorteil ist, dass man dadurch die SAA nicht grundsätzlich antasten muss. Dies produziert im Gegensatz zum Eingriff in die eigentlichen Vermögensbausteine, das Underlying, deutlich geringere Kosten und reduziert die psychologische Herausforderung eines Wiedereinstiegs.

Schütze: Herausforderung dabei ist, nicht nur 2008 eine Hedge-Strategie zu haben, sondern das Overlay-Management auch 2009 so zu beherrschen, dass man auch wieder dabei ist, wenn die Markterholung einsetzt. Das dynamische Risikomanagement ist insofern keine allzu einfache Kunst.

Siegismund: ... die im Zweifelsfall nicht unerheblich Rendite kostet. Oder anders gesprochen: Der Ertrag der liquiden Assets ist dann im Wesentlichen davon abhängig, dass die Verantwortlichen die dynamische Overlay-Steuerung hinbekommen. Hier das Renditerisiko zu konzentrieren, halte ich für gefährlich.

Vielmehr muss die SAA die Risikobalancierung übernehmen. Und auch wenn die Korrelationen in Krisenzeiten zusammengehen, tun sie das ja nicht komplett. Die Diversifikation mag zwar kurzzeitig nicht gänzlich so funktionieren, wie ursprünglich angenommen, langfristig aber schon. Klar muss sein, dass Diversifikation heutzutage mehr bedeutet, als lediglich Aktien und Anleihen zu mixen.

Schütze: Da sind wir aber einer Meinung. Anker ist immer die SAA. Das Overlay-Management baut darauf lediglich auf. Was bei diesem Aspekt sehr wichtig ist, ist die Organisation der Zuständigkeiten. Gebe ich einem Portfoliomanager für eine Asset-Klasse ein Mandat, ist genau das sein Job.

Ich möchte dann nicht sehen, dass beispielsweise ein Aktienmanager außerhalb seiner Asset-Klasse arbeitet und eine Kasse-Position fährt. Das Strategische wird von jemand anderem gemacht werden. Eine Arbeitsteilung, das lehren mich meine Berufsjahre, ist sehr sinnvoll. Ansonsten wird es mit der Einhaltung der SAA und einem etwaigen Overlay-Management extrem schwierig.

Kleis: Wir kritisierten eingangs das ausgeprägt prozyklische Verhalten vieler Anleger. Eins muss klar sein: Wer davon weg will, muss bereit sein, in Märkten, die nach unten gehen, antizyklisch zu agieren und weiteres Risiko aufzunehmen. Wer aber lieber die Verluste über Overlay-Mandate beschneiden will, verfolgt eine eher prozyklische Strategie. Beides gut machen kann man wohl nicht.


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