Felix Zulauf „Aktienjahr 2014 wird völlig anders als das Vorjahr“

Felix Zulauf

Felix Zulauf

Herr Zulauf, Sie haben zuletzt wieder Gold für sich entdeckt. Warum die Skepsis für die anderen Märkte?

Felix Zulauf:
Die Zentralbanken haben den Märkten in den vergangenen Jahren dank einer lockeren Geldpolitik eine Menge Liquidität zur Verfügung gestellt. Das hat die Kurse getrieben und zu einem begrenzten Aufschwung geführt. Mittlerweile werden aber die Nachteile der Geldpolitik sichtbar, einzelne Auswüchse treten zu Tage.  Das größte Problem, das wir durch die Geldschöpfung haben, sind die Kapitalflüsse der vergangenen zehn Jahre in die Schwellenländer, gerade China. Das hat zu Ungleichgewichten und Blasen geführt.

Was passiert gerade in den Schwellenländern?

Zulauf:
Zunächst hat sich die Richtung der Kapitalflüsse gedreht. Investoren haben Kapital aus den Emerging Markets abgezogen. Die erste Welle haben wir im zweiten Quartal 2013 gesehen, die zweite haben wir von Jahresbeginn bis in den März hinein erlebt. Vor allem Lateinamerika, Russland und die Türkei waren betroffen.

Das große Monster ist aber eigentlich China. Dessen Zahlungsbilanz hat sich strukturell massiv verschlechtert. Grund dafür sind die enorme Währungsaufwertung des Renminbi und gestiegene Löhne. China hat dadurch in vielen Gebieten seine Wettbewerbsfähigkeit verloren. Der Investitions- und Kreditboom der vergangenen Jahre, nicht weniger als der größte der Geschichte, ist vorbei.

Am Ende erleben wir jetzt die unangenehme Seite des Booms. China steht vor der Entscheidung, ob es die Deflationierung des Kreditbooms in normalen Maßen und mit entsprechenden Verwerfungen laufen lassen will – Rezession, Abschreibungen und Bankrotte inklusive – oder ob es sich dagegen stemmen und das Ende des Kreditbooms verzögern will.

Wofür wird sich China entscheiden?

Zulauf:
Aus der Historie wissen wir doch, dass jede Nation, jede Regierung und jede Zentralbank sich entscheidet zu helfen. Letztendlich werden sie daher die Liquiditätshilfen geben und damit die eigene Währung schwächen. Wir stehen also vor einer langfristigen Abschwächung des Renminbi.

Erst kürzlich hat der japanische Yen massiv abgewertet. Befindet sich die Welt eigentlich schon im Währungskrieg?

Zulauf:
Im Grundsatz ja, wenn auch nicht immer so beabsichtigt. Losgetreten haben die Amerikaner vor gut zehn Jahren den Abwertungs-Reigen. Dann haben 2012 die Japaner nachgezogen. Gerade erleben wir die Abwertung einiger Schwellenländer-Währung und als nächstes werden, wie gesagt, die Chinesen nachziehen. Es ist eine Kettenreaktion, die reihum Schritt für Schritt erfolgt und ursprünglich mit der Auflösung des Goldstandards 1973 begonnen hat.

Wo stehen derzeit die Europäer im Rennen?

Zulauf:
Unsere Ausgangslage ist eine ähnliche wie die der Japaner. Japan hat seit mehr als zwei Jahrzehnten Leistungsbilanzüberschüsse, eine deflationäre Wirtschaftspolitik sowie eine stagnierende Bevölkerung und Wirtschaft. Die Währung wurde dadurch immer stärker, die Wirtschaft konnte aber nicht mitwachsen. All das hat Europa auch. Um das System vor dem auseinanderbrechen zu bewahren finanziert es die Regierung über neue Schulden. Deshalb ja auch die Schuldenkrise der vergangenen Jahre. Das ist natürlich keine langfristige Lösung, sondern nur ein Verschieben und Vergrößern der Probleme.

Der Euro müsste also abwerten. Gesehen davon haben wir davon aber noch nichts.

Zulauf:
Der Euro wird einmal aus den gleichen Gründen abwerten müssen wie der japanische Yen – nämlich um das System aufrechtzuerhalten. Allerdings hat die EZB viel mehr rechtliche Hürden zu überwinden als ihr japanisches oder amerikanisches Pendant. Und eine Abwertung einer Währung mit strukturell starker Zahlungsbilanz ist gar nicht so einfach, und kann nicht auf Knopfdruck erfolgen. Eine echte Abschwächung wird es wohl erst geben, wenn die EZB in großem Stil Liquidität schöpft. Aber das wird so wohl erst machen, wenn die Konjunktur schwächer und die Überschüsse in den Außenbilanzen deutlich sinken und kleiner werden.

Man sieht am Beispiel der Schweiz sehr gut, dass eine Währung mit hohen chronischen Ertragsbilanzüberschüssen trotz hunderten von Milliarden lediglich auf unverändertem Niveau gehalten werden kann. Für den Euro bräuchte es noch sehr viel mehr Munition.

Interessant ist aber doch, dass Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der bisher immer vehement gegen Programme wie ein Quantitatives Easing war, auf einmal mit den Wölfen heult. Seine letzten Äußerungen waren mit denen von EZB-Präsident Mario Draghi identisch. Anscheinend sind sich die Verantwortlichen in der EZB mittlerweile einig, dass etwas passieren muss.

Bisher ist alles verbal. Allerdings wird das diesmal nicht reichen. Man wird handeln müssen. Wann es soweit ist, bleibt offen. Dass etwas passieren muss, ist aber sicher. Auch werden unter den Maßnahmen einige sein, die nicht ganz lupenrein sind und nicht dem EZB-Mandat entsprechen. Das wird dann deklariert als im Interesse der europäischen Völker.