Das große Finanzmarkträtsel Was ist los mit der Value-Prämie?

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Besonders hart von dieser Entwicklung wurde der US-Aktienmarkt getroffen, der allgemein als effizient gilt und daher vermutlich eine Entwicklung vorwegnimmt, die in anderen Regionen noch bevorsteht. In den USA hat sich tatsächlich die seit 1974 entstandene Value-Prämie komplett aufgelöst und ins Negative verkehrt. Wer seit 1974 in Value-Aktien investiert hat, liegt mit dem Ergebnis nun kumuliert zirka 20 Prozent hinter der Wertentwicklung von Growth-Aktien.

Das steht im Widerspruch zu allem, was Studenten in finanzmarkttheoretischen Vorlesungen in den letzten Jahrzehnten gelernt haben – insbesondere seitdem Eugene Fama und Kenneth French 1992 einen richtungsweisenden Aufsatz zu diesem Thema geschrieben haben, der zum Nobelpreis für die beiden Wirtschaftswissenschaftler führte.

Zu einem ähnlich irritierenden Ergebnis gelangt man, wenn man die rollierenden 5-Jahresraten des MSCI World Value mit dem MSCI World Growth vergleicht. So wäre anzunehmen, dass zumindest über einen Fünfjahreszeitraum eine Value-Prämie vergleichsweise konstant zu beobachten sein müsste, wenn sie überhaupt existiert. Bis 2009 war das auf globaler Ebene auch der Fall, abgesehen von einem kurzen „Aussetzer“ im Jahr 1999 in Folge der LTCM-Krise. Seit 2009 aber gab es keinen einzigen Tag mehr, an dem über einen Fünfjahreszeitraum eine positive Value-Prämie erzielt werden konnte. Das ist für sich genommen schon eine frustrierende Erkenntnis.

Was die Sache aber wirklich brenzlig macht ist die Tatsache, dass sich nach so langer Zeit nicht einmal eine zaghafte Rückkehr zur Normalität andeutet, sondern die Value- gegenüber der Growth-Wertentwicklung von Tag zu Tag schwächer wird. Besonders dramatisch ist das in einem sogenannten Draw-Down-Chart zu erkennen, der aufzeigt, um wie viel Prozent ein Portfolio gegenüber seinem vorherigen Höchstwert verloren hätte, das den MSCI World Value Index kauft und den MSCI World Growth Index leerverkauft.