Das große Finanzmarkträtsel Was ist los mit der Value-Prämie?

Christian Jasperneite ist Investmentchef der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & CO

Christian Jasperneite ist Investmentchef der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & CO Foto: M.M. Warburg & CO

Es gilt als eines der großen Mysterien der Finanzmärkte: Das Verschwinden der Value-Prämie in der Bedeutungslosigkeit. Bei der Value-Prämie geht es darum, dass günstig bewertete Aktien langfristig eine bessere Wertentwicklung als der breite Markt aufweisen sollten.

Die Gründe dafür sind vielschichtig, hängen aber primär damit zusammen, dass bei günstig bewerteten Unternehmen unter anderem das Insolvenzrisiko überschätzt wird und daher eigentlich eine höhere Bewertung gerechtfertigt wäre, die sich dann langfristig auch in der guten Wertentwicklung dieser günstig bewerteten Aktien materialisiert. Das wiederum hat in der Vergangenheit über Jahrzehnte hinweg dazu geführt, dass Value-Indizes in der Tendenz eine bessere Wertentwicklung aufgewiesen haben als andere Indexstrukturen.

Besonders plakativ konnte das an der relativen Wertentwicklung von zwei Aktienmarktindizes gezeigt werden: dem MSCI World Value gegenüber dem MSCI World Growth. Seit 1974 liegen für beide Indizes Zeitreihen vor; von 1974 bis 2007 hat sich der Value-Index – wie im Lehrbuch – unter Schwankungen systematisch besser entwickelt als der entsprechende Growth-Index. Und nun beginnt das Mysterium: Pünktlich mit dem Beginn der Subprime-Krise als Vorbote der Finanzkrise endete dieser Trend. Bis etwa 2010 hätte man noch davon sprechen können, dass es sich um eine Art temporäre Störung handelt; schließlich hatte sich auch im Vorfeld die Value-Prämie nie linear bewegt, sondern unterlag immer gewissen Schwankungen. 

Daher spricht man in diesem Zusammenhang ja auch von einer Risikoprämie, denn mit der langfristig zu erwartenden Prämie geht das kurzfristige Risiko einher, eine temporär unterdurchschnittliche Wertentwicklung erleiden zu müssen. In den dann folgenden Jahren entwickelte sich die Value-Prämie immer mehr zu einer Value-Belastung. Immer wieder folgten einigen Monaten mit leichter Value-Outperformance viele Monate mit einer deutlichen Value-Underperformance. Dieser Trend hat sich in den letzten zwölf Monaten nicht abgeschwächt, sondern noch einmal wesentlich beschleunigt, wie auch der folgenden Abbildung zu entnehmen ist.