Bankenunion Update Kann das Zusammenspiel ernsthaft funktionieren?

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#FDIC Benchmark

Um die Effizienz des einheitlichen Abwicklungsmechanismus besser beurteilen zu können, lohnt ein kurzer Vergleich mit seinem US-Pendant „Federal Deposit Insurance Corporation“ (FDIC).

Die FDIC wurde 1933 als unabhängige US-Behörde eingerichtet. Als Reaktion auf die „Great Depression“ erhielt die sie das Mandat, insolvente amerikanische Banken abzuwickeln.

Lange Zeit waren Großbanken von der FDIC-Abwicklungskompetenz ausgenommen. Ein Fehler, den die USA 2010 mit dem Dodd-Frank Act korrigierten. Diese Ausweitung ist jedoch bis heute noch nicht abgeschlossen, da sich die amerikanischen Großbanken weiterhin eifrig dagegen wehren. 

Der etablierte US-Abwicklungsmechanismus kann pragmatisch wie folgt zusammengefasst werden: FDIC Mitarbeiter kommen Freitag am Abend in die abzuwickelnde Bank und entscheiden im Verlauf des Wochenendes über die Aufteilung der Assets. Der FDIC-Prozess, genannt „Single Point Of Entry“ (SPOE), hat sich seit 1933 bewährt und kann als robust eingestuft werden. Alleine seit 2008 wurden auf dessen Basis rund 500 amerikanische Banken abgewickelt.

# Analyse


Der SRM hievt zumindest teilweise die Entscheidung über die Abwicklung von Großbanken aus dem nationalen Umfeld auf die europäische Ebene. Ohne Zweifel, die Richtung stimmt.

Man merkt dem SRM-Konstrukt jedoch deutlich an, dass es sich um einen politischen Kompromiss zwischen vielen Stakeholdern handelt. Dass er im Falle einer neuen gröberen Finanzkrise ausreicht, die gegenseitige Abhängigkeit von Banken und Nationalstaaten zu durchbrechen, wagen wir aus folgenden Gründen zu bezweifeln: 

•    Die SRM-Struktur ist komplex und bleibt – zumindest bei größeren Abwicklungsfällen – politisch beeinflussbar, weil sich die Nationalstaaten Mitspracherechte über die Involvierung des Rats gesichert haben.

So steht zu befürchten, dass bei größeren Verwerfungen nicht entschlossen genug gehandelt wird. Dass der SRM mit der Schlagfertigkeit des amerikanischen Pendants FDIC mithalten kann, glauben wir angesichts der vielen involvierten Player nicht.

•    Es ist zudem fraglich, ob eine Abwicklungsentscheidung tatsächlich binnen 32 Stunden, also über das Wochenende, zustande gebracht wird, wenngleich dies im beschlossenen Kompromiss so vorgesehen ist. Unseres Erachtens wird dies gerade bei heiklen, wichtigen Fällen ungewiss sein, zumal in den Entscheidungsprozess viele Institutionen involviert sind.

•    Dazu kommt die relative Größe des gemeinsamen Abwicklungsfonds. Die angepeilten EUR 55 Milliarden bis Ende 2024 erscheinen zwar ausreichend, um einzelne Großbanken oder mehrere kleinere Institute abzuwickeln.

Für größere Verwerfungen auf dem europäischen Bankenmarkt erscheint dieser Betrag jedoch als zu gering, was bereits mehrfach kritisiert wurde. Dies könnte dazu führen, dass der Steuerzahler trotz SRM wieder einspringen muss, was gerade verhindert werden soll. Es bleiben Zweifel, dass der SRM wirklich das leisten kann, wofür er geschaffen wird.

•    Es muss sich auch erst zeigen, ob eine rasche Abwicklung nach zuvor ausgearbeiteten, theoretischen Abwicklungsplänen möglich ist. Krisenentwicklungen konnte nämlich bis dato relativ schlecht prognostiziert werden.

•    Schließlich steht der Abwicklungsfonds auf wackeligen rechtlichen Beinen. Es wurde einerseits kritisiert, dass der EU-Vertrag keine geeignete Rechtsgrundlage für den SRM sei.

Andererseits sieht das EU-Parlament im Abschluss des zwischenstaatlichen Vertrags zur Vergemeinschaftung des Abwicklungsfonds eine Verletzung europäischen Rechts, weil damit das EU-Parlament ausgeschaltet wurde. Eines von vielen Beispielen für den ständigen politischen Kleinkrieg zwischen den Mitgliedstaaten und dem Parlament.

# Fazit


Am Beispiel des SSM ist zu erkennen, wie die EZB als relativ unabhängige, europäische Institution aus einer Position der Stärke einen klar strukturierten, realistisch umsetzbaren Aufsichtsmechanismus ausverhandelte.

Das Gegenteil ist beim SRM der Fall. Hier kommen die gegenwärtigen, mit dem Vertrag von Lissabon (2009) zugespitzten Kompetenzstreitigkeiten zwischen Rat, Kommission und Parlament deutlich zum Vorschein. Keine Kraft will ihre Einflussbereiche reduziert sehen.

Der SRM entspricht diesem Patchwork an kleinbürgerlichem Kompetenzgerangel. Die Wirksamkeit der Bankenunion ist damit reduziert. Kleinere Banken- oder nationale Bankenkrisen können mit dem derzeitigen SSM/SRM Setting gehandhabt werden.

Bei einem neuerlichen Herbst 2008-Szenario wird sich der SRM als schwächstes Glied der Kette wohl als Sollbruchstelle erweisen. Damit wird leider politischer Einflussnahme wieder Tür und Tor weit geöffnet.

Gut für Großbanken. Schlecht für den Steuerzahler.

Über die Autoren

Bernd Fletzberger
ist Rechtsanwalt und Partner von PFR Rechtsanwälte. Zuvor war er Lehrbeauftragter für Bank- und Finanzwirtschaft an der Fachhochschule des BFI Wien, Rechtsanwaltsanwärter bei Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG, Referent der Finanzmarktaufsichtsbehörde in Wien und Rechtsanwaltsanwärter bei Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte.

Markus Schuller ist Gründer von Panthera Solutions, eine Beratungsfirma für strategische Asset Allocation im Fürstentum Monaco. Zuvor war er über zehn Jahre lang als Asset Manager und Produktentwickler bei Banken und Asset Managern tätig. Er kommentiert für diverse Qualitätsmedien den Markt und referiert regelmäßig auf Konferenzen zum Thema Asset Allocation.

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