Unbekannt und vielfach unterschätzt, Teil 1 Welche Vorteile Treuhandstiftungen bieten

Stefan Fritz (links), Leiter des Stiftungsmanagements der Hypovereinsbank/Unicredit Bank, und Jörg Seifart, Gründer und Geschäftsführer der Gesellschaft für das Stiftungswesen

Stefan Fritz (links), Leiter des Stiftungsmanagements der Hypovereinsbank/Unicredit Bank, und Jörg Seifart, Gründer und Geschäftsführer der Gesellschaft für das Stiftungswesen Foto: P. Hipp/Chr. Scholtysik

Mit dem Deutschen Stiftungstag in Karlsruhe, der gestern begonnen hat, ist das Stiftungswesen in den Medien überproportional präsent. Das dortige Stelldichein der Branche spiegelt allerdings die zahlenmäßige Wirklichkeit der Stiftungen in Deutschland nur sehr bedingt wieder.

Präsent in der allgemeinen Wahrnehmung und eben auch auf dem Stiftungstag sind im Wesentlichen die sogenannten rechtsfähigen Stiftungen. Dass die in verschiedenen Konstellationen bessere Alternative der Treuhandstiftung nicht so recht greifbar erscheint, fängt schon mit der Namensvielfalt an. Oder wussten Sie schon, dass eine nicht-rechtsfähige Stiftung, eine unselbständige Stiftung, eine fiduziarische Stiftung oder auch eine treuhänderische Stiftung beziehungsweise Treuhandstiftung ein und dasselbe ist?

Erfolg kommt mit dem Bekanntheitsgrad

Treuhandstiftungen werden nirgendwo statistisch erfasst, weil ein entsprechendes Pendant zu dem Stiftungsregister für rechtsfähige Stiftungen nicht existiert. Verlässlich lässt sich sagen, dass es wahrscheinlich mindestens doppelt so viele Treuhandstiftungen gibt wie die 20.784 rechtsfähigen Stiftungen (Stand: Ende 2014).

Ein Indikator für das weiter wachsende Segment sind die sinkenden Gründungszahlen von rechtsfähigen Stiftungen in den letzten Jahren. Das mag auf den ersten Blick paradox erscheinen, begründet sich aber auch darin, dass die alternative Treuhandstiftung zunehmend beraten wird und dann eben eine Treuhandstiftung gegründet wird und keine rechtsfähige Stiftung. 

Gemeinsam ist den beiden geschilderten Stiftungsarten, dass sie per Definition sogenannte reinrassige Stiftungen sind. Danach bedarf es eines zweckgebundenen Vermögens, dessen Erträge den Zweck dauerhaft erfüllen können müssen, und eine festgelegte Entscheidungsstruktur und -kompetenz innerhalb der Stiftung. Das sind die drei Kernelemente einer Stiftung.

Ob die Stiftung nun gemeinnützig ist oder nicht, ist hingegen eine steuerrechtliche Frage. Ist der Zweck nützlich für die Allgemeinheit, ist die Stiftung gemeinnützig. Begünstigt die Stiftung beispielsweise die eigene Familie des Stifters, ist sie es nicht. Davon unabhängig ist und bleibt sie aber eine Stiftung.

Davon zu unterscheiden sind die Stiftungsersatzformen, wie die Stiftungs-GmbH (Beispiele: Robert Bosch Stiftung gGmbh oder Dietmar Hopp Stiftung gGmbH) oder Stiftungsvereine (Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung e.V.), die nicht zwingend über eigenes namhaftes (allokierbares) Vermögen verfügen müssen.

Behördliche Kontrolle mit Vor- und Nachteilen

Die Rechtsformen unterscheiden sich hauptsächlich in zwei Punkten: dem Gründungsverfahren und dem Ablauf, wie eine Entscheidung der Gremien umgesetzt wird. Gegründet ist die Treuhandstiftung mit einer bilateralen Vereinbarung mit den entsprechenden Regelungen zwischen Treuhänder und Stiftungsgründer, ohne dass die Stiftungsaufsicht involviert werden muss. Rechtsfähige Stiftungen durchlaufen für die Gründung das Anerkennungsverfahren bei der Stiftungsaufsicht.

Der verschlankte Gründungsprozess der Treuhandstiftungen hat zweifelsohne seine Vorteile, insbesondere wenn man kurz vor dem Jahreswechsel meist steuerlich motiviert noch eine Stiftungsgründung darstellen will. Allerdings sind in der Vergangenheit – und das ist natürlich ein Makel fehlender behördlicher Kontrolle – einige Treuhandstiftungen als dubiose Renten- oder Insolvenzschutz-Stiftungsmodelle auf dem Markt zu beobachten gewesen. 

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Erleichterte Stiftungsarbeit

Wie es einer der Namen, nämlich der Begriff der nicht-rechtsfähige Stiftung, anklingen lässt, wird die Stiftung durch den Treuhänder und nicht den Vorstand im Rechtsverkehr vertreten. Was etwas sperrig und hölzern juristisch klingt, heißt in der Praxis, dass die Stiftungsgremien ganz normal ihre Arbeit machen können und die entsprechenden Beschlüsse fällen.

Der Treuhänder der Stiftung muss diese umsetzen und dann aber auch rechtlich für die Stiftung geradestehen, so sind die typischen Regelungen bei Treuhandstiftungen. Deshalb sollte sich ein Treuhänder ein entsprechendes Vetorecht festschreiben lassen, damit er nicht für fehlerhafte Beschlüsse der Stiftung, die er ja umzusetzen hat, haften muss.

Das ist natürlich für einen Stiftungsvorstand ein immenser Vorteil, zumal die Stiftungsexpertise schließlich nicht jedem in die Wiege gelegt ist. Für jegliche Aktivitäten hat das Gremium quasi eine Art Sicherheitsschleuse, den Treuhänder, ohne dessen Placet rein rechtlich gesehen noch nichts in der Welt ist. Das macht das Arbeiten für die Stiftung natürlich befreiter, weil man immer die Gewissheit hat, dass alles einer Gegenkontrolle unterläuft, bevor etwas schiefgehen kann.

Bei einer rechtsfähigen Stiftung wiederrum ist ein Beschluss dann sofort rechtlich im Raum. Sollte dieser falsch sein, hat das die entsprechenden Konsequenzen bis hin zur Haftung für Fehler.

Lesen Sie mehr zu den Vorzügen und Kriterien zur Auswahl eines Treuhänders im zweiten Teil der Serie.


Über die Autoren:
Stefan Fritz leitet das Stiftungsmanagement der HypoVereinsbank/Unicredit Bank in München. Seit mehr als zehn Jahren begleitet der im Stiftungsrecht promovierte Jurist Stiftungsgründungen und berät bestehende Stiftungen bei der Entwicklung ihrer Anlagestrategie. Zusätzlich ist er als Dozent und Fachbuchautor tätig.

Jörg Seifart ist Gründer und Geschäftsführer der Gesellschaft für das Stiftungswesen mit Sitz in Düsseldorf. Als Volljurist mit vertieften Kenntnissen in Betriebswirtschaft und Projektmanagement sowie Journalismus und Politik gilt er als Experte für komplexe Fragestellungen rund um das Stiftungswesen.


Veranstaltungshinweis:

Seminar: Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten

Termin München (Modul 1): 20. Mai 2015, 9 bis 17 Uhr

Termin Hannover (Modul 2): 11. Juni 2015, 9 bis 17 Uhr (Teilnahme an Modul 1 erforderlich)

Preis: 835 Euro (Normalpreis), 30 Prozent Rabatt für Newsletter- und/oder Print-Abonnenten vom private banking magazin sowie Teilnehmern der private banking kongressen

Referenten: Dr. Stefan Fritz, Leiter des Stiftungsmanagement der Hypovereinsbank/Unicredit Bank; Dieter Lehmann, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter der Vermögensanlage der Volkswagenstiftung (nur Modul 2); Jörg Seifart, Gründer und Geschäftsführer der Gesellschaft für das Stiftungswesen

Credits (die Veranstaltungsmodule beim FPSB Deutschland registriert): 6,0 CPD-Credits (für jedes Modul)

Zur Anmeldung geht es hier.

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