Schreckgespenst oder echte Bedrohung? Wie sich Basel IV auf die Immobilienwirtschaft auswirkt

Nikolai Dëus-von Homeyer ist Geschäftsführer von NAS Invest.

Nikolai Dëus-von Homeyer ist Geschäftsführer von NAS Invest. Foto: NAS Invest

Die Welt ist nicht untergegangen. Obwohl der Beschluss über die Einführung von Basel III als neuem Regulierungsrahmen für Banken im Jahr 2010 von einem durchaus lauten Chor warnender Stimmen begleitet wurde, lässt sich sagen: Die Jahre seit Beginn der tatsächlichen, schrittweisen Einführung von Basel III waren gute Jahre, geprägt von Wachstum und Stabilität. Das gilt für die globale Wirtschaft im Allgemeinen ebenso wie für die Finanzmärkte und den Immobilienmarkt im Speziellen.

Zwar hat sich durch die höheren Eigenkapitalanforderungen, die Einführung von Verschuldungsobergrenzen und antizyklischer Kapitalpuffer im Einzelnen viel verändert. Auch haben sich viele Banken aus Märkten zurückgezogen, in denen sie über Jahrzehnte stark engagiert waren. Und doch lässt sich letztlich sagen: Banken finanzieren weiterhin Wachstum – sogar mehr als zuvor. So ist das Volumen der von Banken in Deutschland an inländische Unternehmen vergebenen Kredite seit 2013 laut Statistischem Bundesamt in jedem einzelnen Jahr gestiegen – von 1,28 Billionen auf 1,45 Billionen Euro im ersten Halbjahr 2018. Das entspricht einem Zuwachs um immerhin 13 Prozent.

Angesichts der guten Entwicklung scheinen auch immer mehr überzeugt: Die mutmaßlich langfristigen Vorteile der Basel-Regulierung – nämlich das Senken volkswirtschaftlicher Kosten durch erhöhte Stabilität und geringere Extremrisiken – könnten die kurz- und mittelfristigen Nachteile in Form höherer Kapitalkosten aufwiegen. Vielleicht auch deshalb hält sich die Aufregung um die nächste Evolutionsstufe der Basel-Regulierung bislang in Grenzen. Das in der Öffentlichkeit meist Basel IV genannte Reformpaket wurde im Dezember 2017 vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht unter dem offiziellen Titel „Basel III: Finalising post-crisis reforms“ beschlossen und soll ab 2022 in Kraft treten.

Und obwohl Basel IV nicht grundsätzlich an den mit Basel III eingeführten Prinzipien rüttelt, hat das Regulierungspaket es durchaus in sich. Der Schwerpunkt liegt diesmal nicht auf Anforderungen an das Eigenkapital, Mindestkapitalquoten und Liquiditätskennziffern, sondern auf einer ausgefeilteren Bewertung der mit verschiedenen Aktiva verbundenen Risiken. Dabei kommen insbesondere auf die Immobilienmärkte einschneidende Veränderungen zu.

So soll sich die Risikogewichtung von Immobilienkrediten künftig vorrangig an der Kennzahl Loan to Value (LTV) orientieren, also dem Verhältnis von Darlehenssumme und Gesamtwert einer Immobilie zum Finanzierungszeitpunkt. Gegen das Erhöhen des Risikoempfindens beim Ermitteln der Deckungsanforderungen ist prinzipiell auch nichts einzuwenden – wenn sie denn jederzeit realitäts- und sachgerecht erfolgt. Aber ist dem wirklich so?