Notwendige Weichenstellungen Auf Autohersteller kommen schwierige Zeiten zu

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3. Der Managementstil bei erfolgreichen Automobilbauern differenzierte sich sehr deutlich von den weniger erfolgreichen Konkurrenten: Sie rückten von einem aggressiven Preiswettbewerb und Kostendrücken ab und stellten das Marken- und Qualitätsmanagement in den Vordergrund. Dies wiederum eröffnete das Potenzial für hohe Margen und Kapitalrenditen.

4. Die Schwellenländer – insbesondere China – erwiesen sich als attraktive Wachstumsmärkte. Insbesondere das Premium-Segment profitierte stark von der Entwicklung kaufkräftiger Führungseliten, die sich ein ausländisches Nobelauto als Statussymbol zulegen wollten. Speziell in China ging der Boom auch 2013 und 2014 ungebremst weiter, während sich in den übrigen Bric-Staaten Brasilien, Russland und Indien die Nachfrage in diesen Jahren abschwächte (vgl. Abb. 3). 2014 wurden 26,9 Prozent aller Autos in China verkauft (zum Vergleich: 2005 8,7 Prozent), womit das Land inzwischen der mit Abstand größte Fahrzeugmarkt der Welt ist. 78 Prozent des Wachstums auf dem Weltautomobilmarkt seit 2005 ist alleine auf China zurückzuführen, weshalb das Land nicht nur von der Größenordnung her, sondern auch von der Dynamik für das Wohlergehen des Sektors entscheidend geworden ist.






























5. Aus der vorherigen Abbildung ist ebenfalls ersichtlich, dass die Automobilzyklen in einzelnen Regionen sehr asynchron verlaufen. Während die globale Nachfrage insgesamt – abgesehen vom Finanzkrisenjahr 2009 – relativ gleichmäßig zugelegt hat, waren die Entwicklungen in einzelnen Märkten sehr unterschiedlich. Eine ausgewogene globale Präsenz hat sich als wichtiger Faktor erwiesen, um regionale Schwankungen auszugleichen.

6. Viele Automobilbauer entwickelten ihr Finanzierungsgeschäft zu einem lukrativen Geschäftsfeld: Finanzdienstleistungen rund ums Auto sind inzwischen für jeden bedeutenden Hersteller über ein Instrument der Absatzförderung hinausgewachsen und zur wichtigen Ertragsquelle geworden. Allerdings haben auch weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit die Risikopositionen aus dem Finanzierungsgeschäft deutlich zugenommen.

7. Erfolgreiche Zulieferer emanzipierten sich von ihrer Rolle als Lieferant möglichst billiger Bauteile und mauserten sich immer mehr zu Anbietern von Technologiekomponenten. Damit stieg auch ihr Anteil an der Wertschöpfung – und damit verbunden ihre Profitabilität.

Inzwischen ist der Aufwärtstrend jedoch in die Jahre gekommen. Der chinesische Markt zeigt nach den langen Boom-Jahren deutliche Anzeichen für eine Abschwächung. Das ist gerade für Anbieter, die dort bisher sehr stark waren, ein Anlass für Besorgnis. Gerade wenn über großzügige Finanzierungen Kreditrisiken eingegangen wurden, können diese in den kommenden Jahren zu bösen Überraschungen führen.

Weiterhin lassen die absehbare Marktreife vieler neuer Technologien und neue Konkurrenten erwarten, dass sich die Wettbewerbsbedingungen erneut grundlegend wandeln. Die Dynamik der Veränderungen am Automobilmarkt wird sich in den nächsten Jahren noch einmal beschleunigen. Volkswagen-Chef Winterkorn sagte deswegen auf der Entwicklerkonferenz „Change“ seines Konzerns vor wenigen Wochen: „Die eigentliche, die große Bewährungsprobe steht uns noch bevor.“

Wie sich die zu erwartenden Veränderungen im Endeffekt auswirken, ist derzeit noch nicht abzusehen. Es lassen sich derzeit allerdings schon elf grundlegende Entwicklungen identifizieren, welche die Zukunft der Automobilindustrie bestimmen werden. Entscheidend für die Zukunft der Produzenten wird sein, wie gut sie sich an diese Trends anpassen können. Diese sind im Einzelnen:
  • Das Auto wird zunehmend Technologieplattform in einer durch das mobile Internet vernetzten Umwelt.
  • Technologiefirmen und Autoproduzenten aus Schwellenländern kommen als neue Wettbewerber hinzu.
  • Die Märkte der Schwellenländer verändern sich zuungunsten etablierter Hersteller aus Europa, USA und Japan.
  • Der Massenmarkt in entwickelten Ländern wird strukturell schrumpfen.
  • Die Positionierung eines Autos als Lifestyle-Produkt und die Zuverlässigkeit werden von entscheidender Bedeutung für die Profitabilität von Automobilfirmen bleiben.
  • Das Premium-Segment wird immer umkämpfter.
  • Der Verbrennungsmotor wird zunehmend durch andere Antriebsformen ersetzt (Elektromotor beziehungsweise Brennstoffzelle) beziehungsweise ergänzt (Hybridantrieb).
  • Assistenzsysteme übernehmen immer mehr Aufgaben des Fahrers. In letzter Konsequenz führt dies zur vollständigen automatischen Kontrolle über das Auto (autonome Fahrzeuge).
  • Autohersteller werden zunehmend Dienstleistungen um das Auto anbieten, zum Beispiel Mobilitätskonzepte wie das Carsharing. Ob dies die Rentabilität erhöht, ist jedoch sehr zweifelhaft.
  • Das Finanzierungsgeschäft wird für viele Automobilbauer als Ertragsquelle sehr wichtig bleiben. Damit werden aber viele Hersteller zunehmend auch zu Schattenbanken. Ihre operativen Risiken werden damit immer intransparenter.
  • Die Rolle der Zulieferindustrie ändert sich vom Teilelieferanten zum Outsourcing-Partner. Damit verschiebt sich der Anteil an der Wertschöpfung wieder zugunsten der Zulieferer.

1. Das Auto wird zur mobil vernetzten Technologieplattform

Das mobile Internet durchdringt seit einigen Jahren unser Leben in einer vorher kaum vorstellbaren Weise. Dies verändert auch die technischen Möglichkeiten des Automobils und die Anforderungen von Kunden. Das Fahrzeug tauscht während der Fahrt immer mehr Daten mit externen Dienstleistern oder Behörden aus. Daten über das Auto oder das Fahrverhalten werden gesendet und erlauben zum einen Versicherungen und der Verkehrskontrolle Aufschluss über das regelkonforme Verhalten eines Fahrers.

Andererseits können bei Pannen oder Unfällen schnell Hilfsmaßnahmen eingeleitet beziehungsweise schon online durchgeführt werden. Fahrer können online auf Dienstleistungen zurückgreifen, die das Fahren erleichtern; zum Beispiel sich aktuell freie Parkplätze in einer Stadt anzeigen lassen. Passagiere können im Wagen auf das ganze Spektrum des mobilen Internetangebots zurückgreifen.