Mifid II in der Praxis Prüfinstanz kürt vertrauenswürdige Vermögensmanager

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Graf plädiert daher für ein vollständiges Provisionsverbot. Denn die jetzigen Regelungen erzeugten eine unglaubliche Häufung an Vorschriften, erhöhten vor allem die Bürokratie und den Kostendruck. Kosten, die am Ende wieder der Verbraucher zahlt. Deutschland gehöre zu den letzten europäischen Ländern, in denen diese Praxis noch erlaubt ist.

Die Anwälte sehen ihre Aufgabe darin, gezahlte Provisionen zurückzubekommen. Graf verweist auf professionelle Anleger, die Fonds seit Jahren ohne Ausgabeaufschläge erhalten. Die Branche halte sich nur an Privatanlegern gütlich.

Auch Anlagerschutzanwalt Klaus Nieding erkennt eine Überforderung der Anleger „durch den höheren bürokratischen Aufwand und die vielen Informationen“. Zudem würden nach seiner Erfahrung viele Anleger auch die strengen Regeln hinsichtlich der Geeignetheitsprüfung von Anlageprodukten kritisieren. Die Anleger fühlten sich in ihren Anlageentscheidungen eingeschränkt und nähmen dies als Bevormundung wahr. Hier würden sich viele Anleger Opt-out-Möglichkeiten wünschen. Der Vorwurf aber, dass zu viele Informationen über die jeweiligen Anlageprodukte bereitgestellt werden, gehe „in die falsche Richtung“. Schließlich bleibe es jedem Einzelnen selbst überlassen, ob und wie er diese Informationen letztlich nutze.

Angst vor Öffentlichkeit

Doch wie auskunftsfreudig sind die Banken und Vermögensverwalter selbst bei der Frage, ob und welche Art von Auseinandersetzungen sie mit Kunden haben? Die Antwort ist ernüchternd: Nur ein kleiner Teil der Branche rückt mit Angaben raus. Natürlich am liebsten die, deren Weste ohnehin weiß ist – meist sind dies Vermögensverwalter mit einem eher kleinen Kundenstamm.

Ein zentrales Beschwerdemanagement ist die Regel. So würde eine Beschwerde – „falls es dazu käme“ – beim Vermögensverwalter Albrecht Kitta schriftlich dokumentiert, ins interne Beschwerdebuch eingetragen und gegebenenfalls ins Bafin-Beschwerderegister. Beim Bankhaus Ellwanger & Geiger wird jede Beschwerde individuell mit Berater, Führungskraft, Rechtsabteilung, Compliance und Geschäftsleitung besprochen. Bei der Bethmann Bank wie bei etlichen anderen, zum Teil auch größeren Häusern wie der Braunschweiger Privatbank, Donner & Reuschel oder der Südwestbank hat es oberste Priorität, Beschwerden schnell zu bearbeiten und dem Kunden frühzeitig – möglichst bereits im Rahmen der ersten Rückmeldung – Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Banken wollen aus gemachten Fehlern ebenso lernen wie aus selbst  unbegründeter Unzufriedenheit der Kunden, um durch regelmäßige Auswertung und Analyse aller Beschwerden ihre Prozesse zu optimieren.  

Bei der in Deutschland ansässigen Tochter der schweizerischen Privatbank Pictet ist der Beschwerdeprozess mehrstufig und geht im Zweifel bis zum Management im Mutterhaus. Sollte auch von dort keine zufriedenstellende Antwort für den Kunden erfolgen, wird dieser über seine Möglichkeiten gegenüber den Aufsichtsbehörden aufgeklärt, wo er seine Beschwerde für eine außergerichtliche Einigung weiterverfolgen kann. Das Management Committee der Muttergesellschaft wird halbjährlich über alle bearbeiteten Beschwerden dieser Zeitspanne informiert.