Beratung Fluch und Segen: Das Verwahrentgelt im Private Banking

Dirk Wiebusch, Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF)

Dirk Wiebusch, Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF): Der Experte emphielt der Private-Banking-Branche, das Thema Verwahrentgelt als Chance zu verstehen und proaktiv beim Kunden anzusprechen. Foto: Dirk Wiebusch

Nachdem die meisten Institute zunächst zögerlich bei der Einführung des Verwahrentgelts für Privatkunden waren, hat das Thema seit Herbst 2020 eine ganz neue Dynamik angenommen: Immer mehr Häuser haben das Verwahrentgelt mittlerweile eingeführt und die Freigrenzen sind (auch bei Bestandskunden) kontinuierlich gesunken. Als Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF) erlebe ich das Thema immer wieder hautnah, sowohl aus Sicht der Institute als auch der Unternehmerkunden, und weiß: Keinem von beiden gefällt die aktuelle Situation wirklich. Die jüngste Entscheidung des Landgerichts Berlin zur Praxis des Verwahrentgelts möchte ich deshalb zum Anlass nehmen, hier einmal beide Blickwinkel zu betrachten und zu erläutern, warum das Verwahrentgelt dennoch eine echte Chance für die Finanzberatung sein kann.

Die Krux mit dem Verwahrentgelt

Sie werden es sicher alle gelesen haben: Im Zuge einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) wurde der Sparda-Bank jüngst untersagt, auf Giro- und Tagesgeldkonten Verwahrentgelte zu erheben. Entscheidungen in weiteren vom VZBV angestrengten Prozessen stehen zwar noch aus, um einen rechtlichen Konsens zu erreichen. Doch bei den Instituten hat diese Nachricht für Aufregung gesorgt. Nicht nur darf die Sparda-Bank aus Sicht des Gerichts kein Verwahrentgelt erheben, sie muss sogar bereits geleistete Zahlungen zurückerstatten. Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Landgerichte diesem Urteil anschließen werden.

Eines ist jedoch klar: Für die Institute ist das Verwahrentgelt einmal mehr ein Thema, das ihnen Bauchschmerzen bereitet. In meinen Gesprächen mit Private-Banking-Beratern sowie deren Vorständen und Führungskräften höre ich immer wieder, dass das Verwahrentgelt bei der Beratung ein schwieriges Thema ist. Kein Wunder, möchte doch kein Unternehmer hören, dass er für eine Standard-Leistung, die bislang immer kostenlos war, plötzlich einen „Strafzins“ zahlen muss.

Doch von den Beratern höre ich auch immer wieder: Wenn man das Thema mal beim Kunden angesprochen und diesen davon überzeugt hat, sein Geld beispielsweise in Wertpapieren, Immobilien oder Versicherungen anzulegen, statt es auf dem Konto zu „bunkern“, dann sind die daraus folgenden Provisionserträge oft erfreulich hoch. Und das wäre so nicht gekommen, wenn dieselben Kunden keinen Anreiz gehabt hätten, auf diese Anlageformen zu wechseln.

Das Verwahrentgelt ist somit einerseits ein Fluch – auch, da nicht alle seine negativen Effekte offensichtlich sind –, aber andererseits auch eine Chance für das Private Banking.

Das Verwahrentgelt als Fluch: langfristig risikobehaftet

Während sich die Berater noch über die zusätzlichen Erträge im Wertpapierbereich als Verwahrentgelt-Vermeidungsstrategie freuen, halte ich es für wichtig zu erwähnen, wie kurzfristig diese wirklich sind, selbst wenn die Kunden in Wertpapiere mit Bestandsvergütung gewechselt haben. Genau genommen ist es sogar möglich, dass Sie noch über ihre super Erträge aus 2021 schimpfen werden. Denn die zusätzlichen Erträge haben zu einer Erhöhung der Zielkarten 2022 geführt, obwohl die Kunden mittlerweile größtenteils mit Wertpapieren als Verwahrentgelt-Vermeidung versorgt sind. Das dürfte es dem einen oder anderen Berater erschweren, die ihm gesteckten Ziele noch zu erreichen, denn das situative Sonderthema Verwahrentgelt ist damit jetzt erst mal vom Tisch.