Kommunikation für Berater 11 gute Fragen für das Gespräch mit dem Unternehmerkunden

Dirk Wiebusch, Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF)

Dirk Wiebusch, Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF): Der Experte gibt konkrete Tipps für Berater, mit denen sie beim Unternehmerkunden punkten können. Foto: Dirk Wiebusch

1. Wo soll es mit der Firma/der Familie/dem Vermögen et cetera denn hingehen?

Diese Frage klingt zunächst vielleicht etwas einfach und vorhersehbar. Doch der Knackpunkt ist: Man muss mit der Antwort umgehen können. Denn in der Regel erzählen Top-Unternehmer ziemlich viel, wenn ihnen diese Frage gestellt wird. Und das meist schnell, komplex und aus Beratersicht mitunter abstrakt oder theoretisch.

Aus Sicht des Unternehmers handelt es sich dabei allerdings um „sein Leben“. Das bedeutet, dass er meist nicht lange überlegen muss und die Gedanken nur so aus ihm heraussprudeln. Hier mitzukommen, sich Notizen zu machen, einzuhaken und zu interagieren – das können nur Beraterprofis! Daher übt man solche Gespräche am besten immer wieder und bereitet sich optimal auf verschiedene Antwortmöglichkeiten vor. Diese Frage ist gewissermaßen nicht deshalb ein „Gewinner”, weil sie zu stellen schon einen guten Eindruck macht. Vielmehr eröffnet sie die Gelegenheit, durch kluge, mitdenkende und mitfühlende Reaktionen Eindruck zu machen.

2. Was wäre aus Ihrer Sicht …?

Lassen Sie den Kunden aus seinem Blickwinkel berichten. Beginnen Sie Ihre Frage beispielsweise mit den Worten „Was wäre aus Ihrer Sicht das schlimmste Szenario, das eintreten könnte, falls …“ und fügen Sie dann den zu besprechenden Sachverhalt hinzu. Das lässt Ihrem Gegenüber den nötigen Freiraum.

Natürlich ist auch hier einiges an Fingerspitzengefühl gefragt. Ich erlebe beispielsweise immer wieder, dass Finanzberater ungefragt (und in manchen Fällen auch unwissentlich) „den Finger in die Wunde legen“. Stellen Sie sich einmal vor, jemand erzählt Ihnen (ohne dass Sie danach gefragt hätten), dass Ihre Kinder unglaublich blöde sind, er aber bereits eine Lösung parat habe. Wie würden Sie sich dabei fühlen? Bedenken Sie: Aus Ihrer Frage kann der Gesprächspartner Ihre Sicht der Dinge ableiten.

Der Unternehmer fühlt sich mit Sicherheit respektvoll behandelt, wenn Sie ihn nach seiner Sicht fragen, doch das Thema der Frage will vorsichtig gewählt sein. Nutzen Sie dazu den Innen-Blick des Unternehmers: Für Sie ist es vielleicht rational sinnvoll, zu fragen, wie er denn seine Nachfolge geregelt hat. Doch wird die Frage unvorsichtig formuliert, fragt sich der Unternehmer bald, warum Sie ihm jetzt mit so was kommen … er ist doch noch 81 Jahre jung!

3. Was wäre heute, wenn gestern …?

Diese Frage kann auch gut mit den vorherigen kombiniert werden. Fragen Sie Ihr Gegenüber beispielsweise: „Was wäre heute, wenn Ihr größter Lieferant gestern seine Produktion hätte stoppen müssen?“ Oder fragen Sie: „Was wäre heute in der Firma los, wenn Sie gestern verstorben wären?“

Ein Hinweis noch hierzu: Stellen Sie am besten nicht die Frage danach, was passieren würde, wenn er morgen stirbt – „gestern“ ist deutlich unverfänglicher und positiver formuliert, da der Fall ja nicht eingetreten ist. Eine solche Frage regt den Unternehmer definitiv zum Nachdenken an, jagt ihm aber keine Angst ein.

4. Was war damals, als Sie … getan haben, Ihr Beweggrund?

Jeder Mensch hat für jede seiner Handlungen einen rationalen oder emotionalen Grund – und zwar exakt in jenem Moment, in dem er diese eine Entscheidung trifft. Also fragen Sie den Unternehmer gerne einmal direkt nach seinen Beweggründen bei spezifischen Entscheidungen der Vergangenheit. Sie werden schnell merken, dass nur sehr wenige Top-Unternehmer impulsiv handeln.

Für nahezu jede ihrer Entscheidungen gibt es klare, nachvollziehbare Gründe – und zwar unabhängig davon, ob seine Gründe Ihnen als Berater gefallen oder nicht. Und immer in Bezug auf die zum Zeitpunkt der Entscheidungen vorhandenen Rahmenbedingungen und Informationsgrundlagen.


Das kann aus heutiger Warte, rückblickend und mit neuer Informationslage, ganz anders aussehen. Aber zum Zeitpunkt der Entscheidung gab es aus Sicht des Unternehmers unumstößliche Gründe – und diese gilt es in Erfahrung zu bringen, um Ihrer Zusammenarbeit auf ein besseres Niveau zu verhelfen. Wer weiß: Wenn er Ihnen seine Beweggründe und die damaligen Rahmenbedingungen erklärt, dann können Sie diese vielleicht sogar gut nachvollziehen, obwohl rückblickend eine andere Entscheidung optimal gewesen wäre. So etwas gehört zum Unternehmer-Verstehen dazu.

5. Warum …?

Die Frage nach dem „Warum“ mag den meisten von Ihnen zunächst banal und simpel erscheinen. Und zugegeben, das ist sie auch – deshalb wird sie immer noch viel zu selten gestellt! Lassen Sie mich Ihnen einige Beispiele aus der Praxis an die Hand geben, die zwar banal erscheinen, aber erfahrungsgemäß immer in der Beziehung zwischen Berater und Unternehmer weitergeholfen haben:

  • „Warum haben Sie seit X Jahren auf Ihren Konten so viel Geld liegen, obwohl es schon seit langer Zeit keine Zinsen mehr dafür gibt?“
  • „Warum arbeiten Sie seit X Jahren mit Y zusammen?“
  • „Warum überlegen Sie schon so lange, in den Wertpapiermarkt einzusteigen, kaufen dann aber doch immer wieder Immobilien?“

6. Wer oder was hinter Sie daran, ... zu tun?

Das Schöne an Unternehmergesprächen ist, dass man so ziemlich alles fragen kann, was man möchte. Allerdings muss dies aus echtem, ehrlichem Interesse geschehen – bitte auf keinen Fall heuchlerisch oder gar auf inquisitorische Weise Fragen stellen.

Doch diese Freiheit in Unternehmergesprächen hat auch ihre Tücken. Eine der größten ist, dass man als Berater schnell annimmt, nur weil der Unternehmer über Möglichkeiten und Optionen spricht, würde er diese auch konkret so umsetzen. Unternehmer sind echte „Auslot-Könige“: Sie suchen permanent Chancen, wägen Risiken ab und schlagen dann zu, wenn aus ihrer Sicht der richtige Zeitpunkt gekommen ist.

Daher ist die Frage nach etwaigen Hinderungsgründen legitim, denn sie hilft, herauszufinden, warum der Unternehmer zögert, und erlaubt Ihnen wiederum, das eigene Engagement in Form von Zeit und Ressourcen besser einzuschätzen. Sie werden dabei zudem oftmals erfahren, dass der Preis nicht der Hauptgrund des Zögerns ist – eine wichtige Information für die Überzeugungsarbeit, an die Sie anders vielleicht nie gekommen wären.