Family Offices „Mehr Controlling, weniger Reporting“

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Eigelshoven: In der Vergangenheit haben wir immer dann das Vermögensreporting angepasst, wenn es um Angstbereiche des Kunden ging. Ein paar Beispiele: Mitte der 90er Jahre befürchteten einige unserer Mandanten, nicht alle Vermögenswerte und Erträge gegenüber dem Fiskus korrekt angegeben zu haben. Entsprechend vehement war die Nachfrage nach einer Aufbereitung. Vor zehn Jahren war dann die Abrechnungskontrolle von Banken ein größeres Thema. Das Vertrauensverhältnis war gestört. Viele Vermögende wollten wissen, ob Banken die vereinbarten Konditionen für ihre Dienstleistungen korrekt abrechnen. Heutzutage sind die Mandanten viel professioneller. Bei vielen liegt der Fokus auf der Vermögensstrukturierung und dem richtigen Benchmarking.

Stadtmüller: Die meisten unserer Mandanten haben erkannt, dass sich Risiken und potenzielle Benachteiligungen heutzutage auf einer ganz anderen Ebene zeigen. Es geht zum Beispiel um die Mandatierung geeigneter Vermögensverwalter und die individuelle Ausgestaltung zielführender Anlagerichtlinien. Wie aktiv nutzt ein Verwalter vorgegebene Ober- und Untergrenzen einzelner Anlageklassen und hält er sich an andere Restriktionen? Erhalte ich bei alternativen Investments zeitnah die notwendige Transparenz, um das Risikoprofil des Managers einschätzen zu können? Machen die Verwalter meiner illiquiden Investments wie Private Equity und Immobilien einen guten Job? Alles Themen, die wesentliche Effekte auf das Gesamtvermögen haben. 

Herr Kirchner hatte das Interesse seiner Mandanten an digitalisierten Reportings erwähnt. Ist das bei allen der Fall?

Haydu: Bei uns sind viele Kunden noch weit weg von solchen technischen Themen. Das klassische Unternehmerpaar Anfang 60 kann mit einem Zugang zum Vermögensreporting on demand anscheinend nicht viel anfangen. Auch sind wir aus einem anderen Grund beim Online-Zugang zwiegespalten. Wir sehen unsere Rolle als Vermögenscontroller vor allem darin, die strategische Asset Allocation zu unterstützen. Kunden, die den täglichen Zugang wollen, bekommen ihn natürlich. Unsere Auffassung einer strategischen
Begleitung spricht aber für eine monatliche, abgespeckte und quartalsweise vollumfängliche Berichterstattung. Ich bezweifle auch, ob der On-Demand-Zugriff immer zu den strategisch richtigen Entscheidungen führt.

Stadtmüller: Wir bieten ebenfalls einen Online-Zugang mit täglicher Aktualisierung für alle Vermögensebenen. Wichtig ist uns, dass die Informationen analog zum Leitfaden präsentiert werden, den der Mandant aus seinem Reporting und den Sitzungen mit uns kennt.

Hat sich mit dem Wandel auch das Profil des Vermögenscontrollers geändert?

Buchwald: Die buchhalterische Expertise ist nach wie vor dringend notwendig. Da die Handlungsempfehlungen aber zunehmend in den Fokus der Dienstleistung rücken, benötigen Sie zusätzlich Mitarbeiter, die die Warnhinweise im Vermögensreporting erkennen und interpretieren können. Dafür brauchen Sie ein ähnliches Rüstzeug wie ein Asset Manager.

Stadtmüller: Ich würde innerhalb der Belegschaft unterscheiden. Unsere Vermögenscontroller prüfen täglich bei der Buchung der einzelnen Geschäftsvorgänge die operativen Zahlen und beanstanden diese, wo nötig. Die Investment-Controller indes, die Warnhinweise in der Vermögensentwicklung erkennen müssen, sollten Vermögensverwaltern oder Asset Managern von der Ausbildung her in nichts nachstehen. Ansonsten wären sie nicht in der Lage, den Asset Managern die entscheidenden Fragen zu stellen. Zudem lässt sich ein Kundenprofil bei komplexen Vermögen häufig nicht hundertprozentig in Anlagerichtlinien übertragen. Ein guter Investment-Controller sollte jenseits der Richtlinien Entwicklungen und Themen erkennen können, die der Auffassung seines Mandanten möglicherweise nicht eindeutig entsprechen.

Eigelshoven: Letzterem würde ich widersprechen. Man kann Anlagerichtlinien so formulieren, dass sie nur die Anlagefelder zulassen, auf denen sich der Kunde auskennt und wohlfühlt. Als Vermögens-controller streben wir an, dass die Vorstellungen des Mandanten in einem entsprechenden Vertragswerk umgesetzt und dem Asset Manager dadurch Freiheitsgrade gegeben oder vorenthalten werden.

Stadtmüller: Es gibt aber Freiheitsgrade, die sich nur schwierig fassen lassen. Nehmen Sie zum Beispiel zwei Multi-Asset-Mandate. Beide legen das Vermögen in Aktien und Renten an. Der eine Vermögensverwalter hat seinen Fokus eher auf der taktischen Seite, während der andere einen Buy-and-hold-Investmentansatz verfolgt. Die Steuerung der Verwalter als Kombination gelingt nur unzureichend über das Festlegen von Anlagegrenzen.

Eigelshoven: Dann trauen Sie sich aber auf der Steuerungsebene die Entscheidung zu, welcher Anlagestil im jeweiligen Marktumfeld erfolgversprechender ist.

Kirchner: Ein gewisses Fingerspitzengefühl für Anlagethemen ist doch notwendig. Aktuelles Beispiel sind bei uns Nachranganleihen, die Vermögensverwalter zunehmend in den Mandaten einsetzen. Dabei halten sie die Rating-Vorgaben der Anlagerichtlinien ein. Allerdings ist die Frage, ob eine Familie bereit ist, die entsprechenden Risiken einzugehen. Und das muss vom Vermögenscontroller angesprochen und geklärt werden.

Haydu: Nicht außer Acht lassen darf man die unterschiedlichen Voraussetzungen der Vermögenscontroller. Ich beispielsweise habe nicht die Lizenz zur Anlageberatung. Unser aller Job ist es, Mandanten auf Risiken im Vermögen anzusprechen. Eine weitergehende Interpretation wird dann schnell schwierig, weil man Gefahr läuft, in die Vermögenssteuerung aktiv einzugreifen. Wir Vermögenscontroller bewegen uns da auf einem schmalen Grat.

Wie schafft man es, trotz des Anspruchs an hohe Flexibilität schlank zu bleiben?

Haydu: Wir versuchen, jede Transaktion aus einem Vermögen nur einmal zu erfassen. Das ergibt einen Datenpool, aus dem wir die diversen Dokumente erstellen. Das sind Vermögensreportings, handelsrechtliche Jahresabschlüsse von Investmentgesellschaften und die Steuererklärung. Vorteil eines konsistenten Datenhaushalts ist nicht nur die Effizienz, sondern auch die geringere Fehleranfälligkeit.