Mangelhafte Umsetzung Warum viele Banken am Geschäftsmodell Estate Planning scheitern

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Das Gericht hat zu diesem Sachverhalt in der Urteilsbegründung aufgeführt: „Darauf, dass die Beklagte nach ihrer Darstellung tatsächlich lediglich persönliche Daten abfragt und den Kunden im Übrigen an einen professionellen Rechtsdienstleister, zum Beispiel einen Rechtsanwalt, zur konkreten Beratung weiterempfiehlt, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Die Anwendbarkeit von Paragraf 2 Absatz 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes setzt nicht voraus, dass die Beklagte tatsächlich eine eingehende rechtliche Prüfung vornimmt, sondern nur, dass die Angelegenheit eine solche erfordert.“

Diese Vorgehensweise ist in vielen Instituten immer noch gelebte Praxis. Estate Planning kann nur rechtssicher betrieben werden, wenn es sich um eine eigene Dienstleistung, die in Verbindung zur Haupttätigkeit des Anbieters steht, handelt. Dies wird auch unterstützt in der Kommentierung zu Paragraf 5 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG):

„Eine ordnungsgemäße Anlageberatung oder Vermögensverwaltung kann und muss auch auf eine Vermögens- oder Unternehmensnachfolge Bedacht nehmen. In diesem Zusammenhang gehört es auch zu den erlaubnisfreien Rechtsdienstnebenleistungen des Beraters, seinen Auftraggeber über die gesetzliche Erbfolge in seinem konkreten Fall zu unterrichten, ihn nach seinen Vorstellungen zu möglichen Nachfolgeregelungen zu fragen und ihm die zivil- und steuerrechtlichen Folgen der jeweiligen Regelung darzustellen.“

Erlaubt sind Hinweise auf und Erläuterungen zu in Betracht kommenden Alternativen wie zum Beispiel die Umwandlung eines Unternehmens in eine bestimmt Gesellschaftsform oder die Einbringung in eine zu errichtende Stiftung. Darüber hinausgehende Tätigkeiten, wie zum Beispiel die Konzipierung der Unternehmensumwandlung oder auch die Ausarbeitung einer Stiftungssatzung, sind nicht gestattet.

Warum ist Estate Planning attraktiv? Ganz einfach: Estate Planning richtet sich an die Altersgruppe 50plus. In Kundenbeständen im Private Banking repräsentiert diese Altersgruppe im Schnitt zwei Drittel des betreuten Vermögens und über 50 Prozent der Kunden. Es ist eine Sandwichgeneration – oft leben die Eltern noch, und es sind Kinder vorhanden. Ertragschancen bestehen in:
  • Schaffung einer altersgerechten und übergabefähigen Vermögensstruktur,
  • Gestaltung der lebensphasenorientierten Liquiditätsstruktur unter Berücksichtigung des Erbfalls (Hinterbliebenenversorgung),
  • Unterstützung bei der Gestaltung des Innenverhältnisses von Vertretungsregelungen (Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung),
  • Einbindung der Nachfolgegeneration in Abstimmung mit dem Kunden.
Um den Markt zu bearbeiten, bedarf es konkreter Voraussetzungen. Der organisatorische Rahmen, die klare Definition des Angebots und Beratungs-Tools sind die Erfolgsbasis. Zudem müssen Berater umfassend qualifiziert werden (Fachwissen, Methodik, Empathie). Netzwerkpartner (rechtlich, steuerlich) müssen das konkrete Angebot der Bank kennen, verstehen und nutzen. Zudem muss es Regeln für die Zusammenarbeit im Netzwerk geben.

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Interne Prozesse unterstützen die Estate Planner in ihrer Arbeit. Es gelingt wenigen Anbietern mit Estate Planning die gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Dies liegt nicht daran, dass es unrentabel wäre. Stattdessen werden wertvolle Ressourcen verschwendet, wenn das Geschäftsfeld halbherzig, mit falschen Schwerpunkten oder ohne Methodik umgesetzt wird.

Zudem haben fehlende Absprachen für die Zusammenarbeit im Netzwerk Folgen: Der Banker berät, und die Netzwerkpartner setzen unabgestimmt rechtliche und steuerliche Instrumente ein. Daraus kann kein ganzheitlicher Ansatz entstehen. Diese Fehler und die gestörte Vertrauensbasis zum Kunden, der dann den Sinn der Bankberatung infrage stellt, gilt es zu vermeiden.

Das Geschäftsmodell Estate Planning:
  • führt nicht zwangsläufig zum schnellen Produktgeschäft,
  • ist nachhaltig,
  • funktioniert nicht online,
  • schafft Profil, Kundennähe und -bindung,
  • sichert Know-how über den Kunden.
Wer nicht beraten, sondern nur sensibilisieren möchte, kann sich Investitionen sparen und verzichtet auf Potenziale. Wer beraten möchte, muss die Voraussetzungen im Unternehmen, bei Beratern und Partnern schaffen. Kundenbindung ist im Wettbewerb mit Online-Anbietern und Fintechs unbezahlbar. Anbieter brauchen Mut und müssen sich intern gegen Kostensparer und Rationalisierer durchsetzen.


Über die Autoren:
Angelika Thiedemann (Certified Estate Planner, Mediatorin) ist seit 2003 in der Vermögens- und Unternehmensnachfolge tätig. Sie führt das Unternehmen Erntezeit – Generationenberatung und Mediation. Zuvor war sie bei der Wiesbadener Volksbank und baute den Geschäftsbereich Vermögensnachfolgeplanung auf.

Heinz Angermair ist geschäftsführender Gesellschafter des Fachinstituts für Estate Planning Gene. Er ist Initiator der Estate-Planner-Bewegung in Deutschland, Mitgründer des Vereins Estate Planner Deutschland sowie des Qualitätssiegels Certified Estate Planner.

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