ESG-Compliance Was Private-Equity-Fondsmanager beachten sollten

Rechtsanwalt Christoph Thiermann (li.) und Tim Kaufhold, Anwalt der Münchener Kanzlei P+P Pöllath + Partners

Rechtsanwalt Christoph Thiermann (li.) und Tim Kaufhold, Anwalt der Münchener Kanzlei P+P Pöllath + Partners

Das folgende Zitat aus einer Presseerklärung ist nur eines von vielen Beispielen für die aktuelle Relevanz von ESG: „Mit Blick auf das Zwei-Grad-Ziel der Klimaverhandlungen in Paris und auf die ökonomischen Risiken kündigt Allianz Vorstandsvorsitzender Oliver Bäte an, keine Kohle-basierten Geschäftsmodelle mehr zu finanzieren.“

Zahlreiche weitere Unternehmen und Institutionen haben angekündigt, ihre Investitionsentscheidungen auch von ESG-Aspekten abhängig zu machen. ESG steht für „Environmental, Social and Governance“. Es handelt sich also um nichtfinanzielle Aspekte, die einerseits die Nachhaltigkeit einer Investition fördern, andererseits aber auch Auswirkungen auf den Wert von Investitionsobjekten haben.

Negativer Einfluss von Verstößen

Beispiele für den negativen Einfluss von Verstößen gegen ESG-Prinzipien auf den Unternehmenswert können nahezu täglich der Presse entnommen werden. Dieser Bedeutung von ESG kann sich auch die Private-Equity-Branche nicht verschließen. Offensichtlich ist dies zunächst im Hinblick auf die Entscheidung für das Investment in einen Fonds: Immer mehr Investoren nehmen ESG-Aspekte in ihre Investitionsrichtlinien auf.

Dieser Marktentwicklung folgend haben sich inzwischen zahlreiche Private-Equity-Fonds freiwillig verpflichtet, über gesetzliche Vorgaben zum Bereich ESG hinaus nicht gesetzlich kodifizierte ESG-Standards einzuhalten. Verschiedene ESG-Standards sind bereits auf nationalstaatlicher Ebene und auf EU-Ebene gesetzlich normiert.

Dies gilt insbesondere für den Bereich Umwelt- und Arbeitsschutz, aber auch für den Bereich Compliance (zum Beispiel BImSchG, BBodSchG, ArbSchG, StGB, AktG). Daneben beinhalten verschiedene nichtgesetzliche Quellen – wie die United Nation Principles for Responsible Investments (UNPRI) und die Private Equity Growth Capital Councils Guidelines for Responsible Investment (PEGCC) – Vorgaben zur Umsetzung und Förderung von ESG-Standards oder zu deren konkretem Inhalt.

Verbindlich durch Selbstverpflichtung

Verbindlich für Private-Equity-Fonds werden diese Vorgaben durch Selbstverpflichtung. Doch auch wenn keine Selbstverpflichtung eingegangen wird, ist die Beachtung von ESG-Mindeststandards zu empfehlen, etwa um im Rahmen eines späteren Exits nicht einen breiten Interessentenkreis auszuschließen.

Dies gilt insbesondere auch für Investitionen und Portfoliounternehmen des Private-Equity-Fonds. ESG-Standards sind für jede Phase einer Investition relevant. Erster konkreter Anknüpfungspunkt bei Transaktionen ist die Due Diligence. ESG-Themen mit unmittelbarem Einfluss auf die Bewertung von Zielunternehmen – zum Beispiel Umweltaspekte – waren schon immer Bestandteil einer ordnungsgemäßen Due Diligence.

Darüber hinaus gebietet es die Sorgfaltspflicht gegenüber den Investoren, auch solche ESG-Themen zu untersuchen, die auf den ersten Blick nicht bewertungsrelevant erscheinen. So kann hier die Überprüfung von Kontrollsystemen zur Verhinderung von ESG-Verstößen genannt werden, wobei der Umfang der Prüfung und ihre Detailtiefe frühzeitig mit den mit der Due Diligence betrauten Beratern zu erörtern sind.

Durchführung von Sonderuntersuchungen

Dies betrifft insbesondere über geltendes Recht hinausgehende ESG-Standards. Die im Rahmen der Due Diligence überprüften und identifizierten ESG-Aspekte fließen schließlich in die Transaktionsdokumentation ein. Über die in jedem Unternehmenskaufvertrag relevanten ESG-Themen (zum Beispiel Umweltfreistellungen, Garantien bezüglich öffentlich- rechtlicher Genehmigungen) hinausgehende ESG-Themen werden in das Gewährleistungs- und Verpflichtungssystem des Vertrages integriert.

Neuerdings verlangen Erwerber unter anderem zunehmend konkret auf ESG-Standards bezogene Garantien. In Gesellschaftervereinbarungen finden sich ESG-Standards insbesondere in den Regelungen zur Corporate Governance, zu den laufenden Berichtspflichten des Zielunternehmens sowie zum Recht zur Durchführung von Sonderuntersuchungen.

Der Private-Equity-Fonds muss die zum Zeitpunkt der Investition definierten ESG-Vorgaben für das Zielunternehmen also während des Investitionszyklus im Rahmen der aufgesetzten Corporate Governance laufend überwachen und überprüfen.

Laufende Überprüfung

Über das Reporting von Finanzkennzahlen hinaus hat das Zielunternehmen zumindest in regelmäßigen Abständen über Vorkommnisse im Bereich ESG, aber auch über den Status der Umsetzung der ESG-Kontrollsysteme zu berichten. Die Sorgfaltspflicht der Überwachungsorgane beinhaltet auch die regelmäßige Überprüfung dieser Systeme und deren Weiterentwicklung.

Zusammenfassend ist eine Entwicklung von der Corporate Governance zu einer umfangreichen ESG-Governance zu beobachten. Durch derartige erweiterte Compliance-Systeme werden alle Beteiligten für die spezifischen ESG-Anforderungen sensibilisiert, und Verstöße gegen gesetzliche und nichtgesetzliche ESG-Standards können verhindert werden.

Letzteres wiederum hat einen unmittelbaren positiven Einfluss auf den Wert des Zielunternehmens und damit auf den Erfolg der Investition.

Dieser Beitrag wurde zuerst in „Private Equity“, dem Magazin zur MUPET-Konferenz von P+P Pöllath und Partners, veröffentlicht. Die gesamte Ausgabe kann hier eingesehen werden.

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