Vermeintlich risikofreie Unternehmensanleihen Das aktuell größte Risiko für Anleihe- und Aktienmärkte

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Jagd nach Rendite vernebelt den Blick

Vor diesem Hintergrund sind Unternehmensanleihen nicht nur die größte absehbare Gefahr für Märkte, sondern auch ein gutes Beispiel für den Gesamtzustand der Finanzmärkte. Das bislang extremste Niedrigzinsumfeld und die Jagd nach Rendite bei wenig Alternativen überdeckt so manches Risiko.

Unternehmensanleihen besserer Bonität sind in diesem Umfeld für Viele zu den neuen risikolosen Anlagen geworden. Diese Einstellung der meisten Investoren sagt recht viel über den Marktzustand und die Reife des Zyklus.

Mehr und mehr Anleger werden in Asset-Klassen getrieben, in denen sie wenig Erfahrung haben – vor allem in Krisenzeiten. Dazu gibt es auch immer mehr passive Investoren, generell und leider auch in kleineren und illiquideren Märkten. Das gilt auch für Unternehmensanleihen. Beim Einstieg waren es in der Regeln Anleihen mit bester Bonität. Dann gingen die Spreads und Zinsen weiter runter. Bis dahin war alles gutgegangen, sodass dann auch Anleihen mit nicht ganz so guter Bonität in Frage kamen. Und so drehte sich die Spirale weiter.

Aktuell sind die Risikowahrnehmung und vor allem die -entlohnung sehr verzerrt: Natürlich sind in diesem Umfeld – Finanzierungen stehen, Zinsen sind niedrig – Konkursquoten niedrig. Die Durationen von Anleiheindizes und damit das Zinsänderungsrisiko steigen kontinuierlich ohne Konsequenzen.

 Quelle: Bloomberg

Die Europäische Zentralbank kauft seit einigen Jahren Unternehmensanleihen in großem Umfang. Betrachtet man Volatilitäten – zwar gerade für Unternehmensanleihen kein gutes Risikomaß – relativ zu Renditen, geben diese gute Rendite-Risiko-Relationen an. Der Optimismus an den Märkten steigt und die Angst vor größeren Marktkorrekturen lässt weiter nach.

Die Art des Handelns nach dem Motto „Buying the dips“ wird weiter bestätigt und sogar bestärkt: Marktrücksetzer und Spread-Ausweitungen bleiben limitiert. Wohlgefälligkeit und Nachlässigkeit breiten sich aus.Eine Korrektur wurde oft vorhergesagt, kam aber immer noch nicht. So lange die Finanzierungen laufen, kann nicht viel passieren. Erst bei größeren Refinanzierungswellen kann es eng werden und eine solche steht nun eben an.

Im historischen Vergleich und vielerorts auch in der Gegenüberstellung zu Aktien sind Unternehmensanleihen außerdem größtenteils überbewertet. Zinsen und Spreads gehen immer weiter runter, während die Verschuldungen vieler Unternehmen steigen. Das Kleingedruckte in den Anleihebedingungen, sogenannte Covenants, wird schlechter und Laufzeiten werden tendenziell länger.

Während Aktien am weiterhin günstigen ökonomischen Umfeld und natürlich auch von der US-Steuerreform sowie Deregulierung voll partizipieren können, ist die Luft nach oben – auch rein rechnerisch – für Unternehmensanleihen nunmehr recht begrenzt.