Vermeintlich risikofreie Unternehmensanleihen Das aktuell größte Risiko für Anleihe- und Aktienmärkte

Oliver von Aesch (l.) und Andreas Lesniewicz: Den Conren-Analysten zufolge stellt die anstehende Refinanzierungswelle bei Unternehmensanleihen das größte Risiko für die Finanzmärkte dar.

Oliver von Aesch (l.) und Andreas Lesniewicz: Den Conren-Analysten zufolge stellt die anstehende Refinanzierungswelle bei Unternehmensanleihen das größte Risiko für die Finanzmärkte dar.

Die Marktkorrektur Anfang Februar war heftig, aber verhältnismäßig schnell ausgestanden. Im Prinzip sehen wir an den Märkten seit Ende der Finanzkrise kurz- und auch längerfristig jeweils nur eine Richtung: Kurse nach oben, Zinsen und Spreads runter. Betrachtet man für 2017 die Kursverläufe der Aktien- und Bondmärkte, bestätigt sich der Eindruck.

Es war ein historisch ruhiges Börsenjahr: rekordniedrige Volatilitäten, immer engere Spreads und keine großen Korrekturen. Doch diese Ruhe an der Oberfläche spiegelt nicht unbedingt die sich weiter aufbauenden Verzerrungen und Spannungen an den Märkten wider, ganz besonders für Unternehmensanleihen. Die kurzen, aber starken Kurseinbrüche Anfang Februar könnten demnach nur ein Vorgeschmack auf viel größeres Ungemach gewesen sein.

 Quelle: Bloomberg

Von Unternehmensanleihen geht die Gefahr aus

Es besteht nun die Gefahr, dass dieses perfekte Umfeld – an das sich die Marktteilnehmer nunmehr seit zehn Jahren gewöhnt haben – ein jähes Ende findet. Insgesamt hat sich weltweit ein Schuldenberg von insgesamt 25,3 Billionen US-Dollar an Unternehmensanleihen aufgebaut. Davon werden bis 2021 rund 11 Billionen fällig. Diese Anleihen müssen zum größten Teil refinanziert werden.

Der Markt für Unternehmensanleihen ist in den USA – gefiltert nach Domizil – naturgegeben am größten: 6,5 Billionen US-Dollar Investment-Grade-Anleihen und 1,5 Billionen US-Dollar High-Yield-Anleihen stehen aus. In Europa sind es 5,1 Billionen Investment-Grade-Anleihen und 1,1 Billionen High-Yield-Anleihen. Hinzu kommen noch weitere 1,5 Billionen US-Dollar Anleihen ohne Rating. Es sind also etwa 43 Prozent des Gesamtmarktes, alle Währungen und Länder, in den nächsten Jahren zu refinanzieren. Das ist eine Menge.

Warum ist das so viel auf einmal? In der Finanzkrise kam es zu einem Schock für Unternehmenslenker. Weder Märkte noch Banken wollten Unternehmen Geld leihen. Unternehmen wie Daimler mussten Rekordzinsen bezahlen, um zu überleben. So zahlte etwa Daimler Chrysler 2009 für Anleihen 9 Prozent mit einer Laufzeit von drei Jahren – heute sind es 0,2 Prozent für 3,5 Jahre. Regierungen und Notenbanken griffen massiv ein und der Markt überwand seinen Schockzustand.

 Quelle: Bloomberg

Auch für uns waren Unternehmensanleihen direkt nach der Finanzkrise das bevorzugte Instrument: Bei Aktien war schwer abschätzbar, wie sehr Kurse und Margen noch fallen konnten. Die Konkursgefahr war bei vielen Unternehmensanleihen zu diesem Zeitpunkt hingegen gering. Gleichzeitig waren Unternehmensanleihen extrem niedrig bewertet: Zinsen extrem hoch und Kurse extrem niedrig.

Nach diesem Schock haben Unternehmen das sich darauffolgend aufhellende Finanzierungsumfeld genutzt, sich so hoch und so lange wie möglich zu verschulden. In den USA vor allem, um Aktien zurückzukaufen. Je niedriger das Zinsniveau wurde, desto einfacher die Entscheidung, so viel Geld wie möglich aufzunehmen. Die Zinslast und damit die Belastung für Margen wurden immer geringer.