Nach gängiger Meinung sollten US-Dollar-basierte Anleger bei steigenden US-Renditen Staatsanleihen aus den USA verkaufen und umschichten in Aktien sowie andere Industrieländeranleihen. Unsere aktuelle Untersuchung zeigt aber, dass es so einfach nicht ist – vor allem im aktuellen geldpolitischen Umfeld. Wir sind der Überzeugung, dass sich wohl insbesondere ein Engagement in Schwellenländeranleihen auszahlen kann und warnen vor einer ausschließlichen Fokussierung auf Zinstrends.
Weil Wachstum, Inflation und Geldpolitik weltweit immer mehr divergieren, glauben wir, dass Emerging-Market-Anleihen für mehr Ertrag und bessere Diversifikation sorgen können. Beides kann sich lohnen, wenn die Zinsen steigen. Anleger sollten dabei das gesamte Anleiheuniversum berücksichtigen.
Wir haben neun Zeiträume aus den vergangenen 25 Jahren untersucht, in denen die US-Zinsen gestiegen sind – darunter vier Phasen mit konventioneller Geldpolitik und fünf aus der Zeit der unkonventionellen Geldpolitik seit Ende der globalen Finanzkrise.
Wie die Untersuchung zeigt, führte die generelle Übernahme der unkonventionellen Geldpolitik – zumindest in den Industrieländern – zu einer stärkeren Korrelation der Märkte. Dadurch hatten internationale Staatsanleihen weniger Diversifikationspotenzial.
Ähnliches gilt für Aktien. Auch ihr Mehrertrag hat deutlich abgenommen. Dagegen kann sich eine Diversifikation in Credits einschließlich Emerging-Market-Anleihen lohnen.
Verschiedene Anleihearten können bei steigenden Zinsen sehr unterschiedliche Erträge verzeichnen, je nach Risiko und in Abhängigkeit von den wirtschaftlichen und geldpolitischen Rahmenbedingungen. Insgesamt kommen wir zu dem Schluss, dass steigende US-Zinsen mit Mehrerträgen von Anlageklassen einhergehen, die vom Wachstum profitieren – also mit Mehrerträgen von Aktien und anderen risikoreicheren Anlageklassen.
Mit höher rentierlichen Anleihen wie High-Yield- und Emerging-Market-Titeln war sogar ein gewisser Verlustausgleich möglich. Aber obwohl steigende US-Staatsanleiherenditen großen Einfluss auf die Schwellenländer haben, signalisiert Analyse, dass das Weltwirtschaftswachstum, der Ölpreis und die Finanzbedingungen größere Auswirkungen auf die Erträge haben als die US-Zinsen.
Auf Basis dieser Untersuchung schneiden Investmentmanager vermutlich besser ab, wenn sie bei Emerging-Market-Anleihen nicht nur auf die Zinsen achten, sondern eine breitere Perspektive haben. Mit der internationalen Finanzkrise ist die Volatilität gestiegen und die Erträge der einzelnen Länder entwickelten sich auseinander. Dies gilt auch für die Schwellenländer.
Wir glauben, dass sich Portfoliomanager besser für mögliche Volatilitätsschübe positionieren und Chancen besser nutzen können, wenn sie nicht nur globale Einflussfaktoren auf Emerging Markets berücksichtigen. Sie sollten auch Unterschiede zwischen den Anlageklassen und länderspezifische Faktoren in Betracht ziehen.
Über die Autorin:
Julie Salesbery ist Senior-Client-Portfoliomanager im Schwellenländeranleihe-Team der Investmentgesellschaft Invesco.