Berenberg Office „Wir sehen eine Professionalisierung der Anleger“

Marc Breidenbach und Magnus Graf von Schlieffen, Leiter des Berenberg Office

Marc Breidenbach und Magnus Graf von Schlieffen, Leiter des Berenberg Office

private banking magazin: Meine Herren, was sind die größten Herausforderungen im Geschäft mit Unternehmerfamilien und der Verwaltung komplexer Vermögen?

Marc Breidenbach: Es gibt zwei ganz große Herausforderungen. Zum einen ist es das komplette Nachfolgethema. Das Problem ist: Ein erfolgreicher Unternehmer entwickelt und verkauft tausendfach seine Produkte. Aber das Nachfolgethema stellt sich nur einmal. Der Erbfall auch. Punkt zwei ist die Bereitschaft, sich wirklich um die Vermögensdiversifizierung zu kümmern, also tatsächlich eine Strategie zu haben, die alle Aspekte mit einbezieht. Dennoch: Wir sehen eine Professionalisierung der Anleger.

Das ist ja eine positive Überraschung.

Breidenbach: Ein schönes Beispiel ist das Wort Volatilität. Das kannte vor fünf Jahren keiner. Heute kennt es fast jeder Kleinanleger. Wir gehen fest davon aus, dass die kommenden Generationen ihr Vermögen klarer und strukturierter entwickeln werden und weniger dem Zufall überlassen.

Beratung findet mehr auf Augenhöhe statt?

Magnus Graf von Schlieffen: Definitiv! Und das ist anspruchsvoll, und das ist gut. Vor fünf Jahren beschäftigten sich nur die Herren Quandt und Herz mit Private- Equity-Beteiligungen in Asien. Der deutsche Mittelständler wollte Aktien von Beiersdorf und Siemens und eine Immobilie. Das hat sich geändert. Da müssen wir heute kompetente Gesprächspartner auf vielen Gebieten sein.

Was raten Sie Unternehmern?

Graf von Schlieffen: Wie das Führen eines Unternehmens, ist auch Investieren eine ruhige Aufgabe. Hektisches Handeln führt zu Fehlern. Unternehmer wissen, dass es den schnellen Gewinn nicht gibt. Genauso wenig existiert das risikolose ertragreiche Investment.

Was wollen Sie besser machen als das klassische Family Office?

Breidenbach: Klassische Family Offices sind auf den liquiden Teil des Vermögens konzentriert. Wir haben das gesamte Vermögen im Blick. Wir kümmern uns um alle Themen, die mit der Unternehmerfamilie zu tun haben. Es reicht nicht, den Anwalt anzurufen, wenn der Kunde vorbeikommt und sagt: So, nun bin ich da und hol mal meine Familie zusammen – die Verwandtschaft, die nur surft und nichts wissen will von der Firma. Oder der Unternehmer, der zum dritten Mal verheiratet ist. Das klassische Family Office übergibt das an einen Anwalt und zieht sich zurück. Wir moderieren und strukturieren diese Prozesse und erarbeiten eine Familienverfassung – und bauen den Anwalt dabei mit ein.

Graf von Schlieffen: Das Berenberg Office ist die Interpretation eines voll umfänglichen Family Office, das nicht nur Transparenz schafft, sondern Unternehmerfamilien über Generationen berät und durch die Vermögensnachfolge begleitet. Sozusagen die moderne Form des Privatbankiers. Wir sind keinem anderem Geschäftsfeld der Bank zugeordnet. Wir arbeiten mit den einzelnen Geschäftsfeldern und Spezialisten der Bank zusammen.

Gleichwohl steigt auch die Zahl der bankenunabhängigen kleineren Family Offices.

Breidenbach: Es gibt Rising-Stars – die einen guten Lauf haben –, aber wir glauben, dass bei den großen Vermögen, bei den Familien, die die Vermögen nicht von heute auf morgen verdient haben, viele dabei sind, die sehen, welche Schwankungen in den Jahrzehnten passieren. Wir sind mit unserem konservativen Ansatz ein besserer Gesprächspartner als die vermeintlichen Stars.

Graf von Schlieffen, Sie sind seit dem 1. November für Berenberg tätig. Davor waren Sie Mitglied des Executive Committee der Bank of America Merrill Lynch mit Sitz in Frankfurt. Was hat Sie gereizt, von der größten Bank der USA mit 260.000 Mitarbeitern zu einer Privatbank mit 1.100 Angestellten zu wechseln?

Graf von Schlieffen: Für mich war es stets wichtig, auf Basis qualitativer Analyse meinen Kunden den besten Rat zu geben. Diese innere Haltung finde ich bei Berenberg wieder. Die Bank stellt ihre Kunden in den Mittelpunkt, und hier habe ich die absolute Freiheit, unabhängig zu beraten. Die Bank hat mit dem Berenberg Office eine Struktur geschaffen, die von den Bedürfnissen des Kunden ausgehend die nötigen und sinnvollen Dienstleistungen zusammenstellt. Das hat mir gefallen.

Es gab in jüngster Zeit einige Mitarbeiterwechsel.

Breidenbach: Berenberg hat die Zahl seiner Mitarbeiter in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Eine gewisse Zeit kann man ein solches Wachstum mit den bestehenden Strukturen gewährleisten, aber dann muss man die Organisation auf den Prüfstand stellen. Da kommt es vor, dass sich nicht alle Mitarbeiter in solchen veränderten Strukturen auf dem Platz wiederfinden, auf dem sie sich selbst sehen, und dann Herausforderungen außerhalb der Bank suchen. Wir konnten aber auch viele hochkarätige neue Mitarbeiter gewinnen.

Wie verträgt sich das Investment Banking mit dem Private Banking, die Kulturen sind doch unterschiedlich?

Graf von Schlieffen: So unterschiedlich sind die nicht. Berenberg tritt als Berater auf und nicht als Produktgestalter, der eigene Risikopositionen aufbaut. Das dient voll und ganz dem Kundeninteresse. Der Kunde möchte unabhängig, fair und transparent behandelt werden – da gibt es keinen Unterschied zwischen Privatanleger, Unternehmer und institutionellem Investor – und auch nicht zwischen unserer Einstellung im Private Banking und im Investment Banking.

Magnus Graf von Schlieffen verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Kapitalmarktbereich in Positionen in München, New York und Frankfurt. Nach Stationen bei der Bayerischen Vereinsbank, Schröder Münchmeyer Hengst & Co, Credit Agricole Indosuez Cheuvreux war Graf von Schlieffen die vergangenen acht Jahre Head of Equities Germany/Austria und Mitglied des Executive Committee der Bank of America Merrill Lynch, Frankfurt. Graf von Schlieffen ist Diplom-Volkswirt der Universität Hamburg mit den Schwerpunkten Portfoliomanagement und Politik. Seit 1. November 2012 ist er Co-Bereichsleiter des Berenberg Office.

Dr. Marc Breidenbach startete 2004 nach einem Wirtschaftsstudium und anschließender Promotion an der European Business School als Firmenkundenbetreuer bei der 1590 gegründeten Berenberg Bank. Vor 5 Jahren legte er die Grundsteine für das Berenberg Office, ein Family Office, das Unternehmerfamilien und Familienunternehmen ganzheitlich betreut. Er ist Co-Bereichsleiter des Berenberg Office.

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