Kapitalerhalt Wie Stiftungsgründer den Passus Vermögensanlage richtig regeln

Jörg Plesse und Stefan Fritz

Jörg Plesse und Stefan Fritz

Werner Koch ist sauer. Menschen in den Schwellenländern will er helfen. Dazu gründet er eine eigene Stiftung – und macht dabei auch eigentlich alles richtig. Die Mustersatzung übernimmt sein Anwalt von der zuständigen Stiftungsaufsichtsbehörde und passt vor allem die Klauseln zum Zweck und zu den Stiftungsorganen an das konkrete Stiftungsvorhaben an.

Die Vermögensklausel aber übernimmt er unverändert aus der Vorlage. Sein Argument: Je weniger am Muster der Aufsicht verändert werde, desto weniger Diskussionen gebe es beim Anerkennungsverfahren. „Das Vermögen ist in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten“, steht deshalb nun in Paragraf 3 der Satzung. Und: „Umschichtungen sind zulässig.“ Mehr nicht.

Dass dies für eine zeitlich unbegrenzte Vermögensanlage zu wenig ist, wird Koch bereits nach wenigen Jahren klar. Aber jetzt ist es zu spät für Anpassungen – die Aufsichtsbehörde lässt Anpassungen jetzt nicht mehr zu. Die obige Satzungsregelung zum Stiftungsvermögen verpflichtet die Stiftung nach herrschender Meinung, ihr Grundstockvermögen real, also inflationsbereinigt zu erhalten.

Hier fällt die Satzung strenger aus als die meisten Stiftungsgesetze, die unter bestimmten Voraussetzungen auch Ausnahmen vom Erhaltungsgebot zulassen. Eine solche Ausnahme gilt insbesondere für Verbrauchsstiftungen. Da das den meisten Stiftern bei der Formulierung der Stiftungssatzung unklar ist, legt die Aufsicht die knappe Satzungsformel häufig anders aus als der Stiftungsvorstand.

Der Stifter will Aktien, die Behörde nicht

Gerade im Hinblick auf die Erhaltungspflicht möchte Koch in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender in Substanzwerte investieren, genau wie er es in seinem Privatvermögen auch tut. Die notwendigen Ausschüttungen würde er über dividendenstarke Aktien gewährleisten.

Aber die Aufsichtsbehörde versteht unter realem Kapitalerhalt die weitgehende Vermeidung von Kursschwankungen und steht jedem Aktienengagement skeptisch gegenüber. Sie beruft sich dabei auf das Spekulationsverbot. Auch mit seinem Argument, dass er im Interesse eines langfristigen Kaufkrafterhalts auch zeitweilige Kursverluste akzeptiere, dringt er nicht durch.

Nach Auffassung der Aufsicht darf das Vermögen wegen des Erhaltungsgebots grundsätzlich in keinem Geschäftsjahr sinken. Diese strittigen Punkte hätte der Stifter in der Satzung klarstellen können. Dann wären die jetzt zu führenden Diskussionen zwar ins Anerkennungsverfahren vorverlagert worden, aber mit erheblich besseren Erfolgschancen für den Stifter.

Denn als oberste Richtschnur für die Anwendung der Stiftungsgesetze gilt der Stifterwille – aber eben nur der in der Satzung niedergelegte, nicht der nachträglich geäußerte. Entsprechend hätte Koch folgende Passagen in die Satzung aufnehmen sollen: Zum einen, dass die Stiftung grundsätzlich in alle, auch volatile Anlageformen investieren darf.

Und zum anderen, dass zwischenzeitliche Vermögensverluste keinen Verstoß gegen das Vermögenserhaltungsgebot darstellen, wenn sie Ergebnis einer langfristigen Werterhaltungsstrategie sind. Noch ein weiterer Punkt lässt das Fach „Schriftverkehr mit der Aufsichtsbehörde“ in Kochs Ablage mittlerweile auf den doppelten Umfang des Fachs „Förderzusagen“ anschwellen.

Der Stifter möchte bei der Vermögensanlage für die Stiftung auch ethische, soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt wissen. Durch solche nachhaltigen Vermögensanlagen könnte seine gemeinnützige Stiftung gemeinsam mit Gleichgesinnten eine Vorreiterrolle für verantwortungsvolles Investieren übernehmen, denkt Koch.

Die Aufsicht denkt anders. Die ohnehin schon beschränkte Auswahl an ertragreichen Anlagen solle nicht noch zusätzlich durch nichtökonomische Anlagekriterien geschmälert werden. Auch dieser behördlichen Intervention hätte der Stifter durch eine entsprechende Satzungsgestaltung vorbeugen können. Dabei sollte der Stifter auch gleich definieren, was er unter nachhaltig versteht.