Stiftungsvermögen, Teil 2 „Eine 30-prozentige Aktienquote dürfte vielen Stiftungen nicht mehr reichen“

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Wenn selbst 30 Prozent Aktienquote nicht mehr reichen

Das Beispiel zeigt, dass ein relativ geringes Maß an Risiko, in unserem Beispiel ausgedrückt über eine  Aktienquote in Höhe von 30 Prozent, zwar gut verträgliche Schwankungen verursacht, jedoch vielen Stiftungen nicht mehr reichen dürfte, ihren Stiftungszweck nachhaltig zu erfüllen.

Das Vermögen ist demnach nicht ausreichend ertragsbringend angelegt. Man könnte nun der Hoffnung auf höhere Renditen Ausdruck verleihen und die dieser Berechnung zugrunde liegenden Annahmen entsprechend anpassen. Nur wollen wir unsere Planung nicht auf Hoffnungen oder historischen Daten aufbauen, daher treffen wir konservative, kurz- und mittelfristig realistische Annahmen. Möchte die Stiftung höhere Renditen erzielen, muss sie mehr Risiko nehmen.

Die Stiftung in unserem Beispiel könnte demzufolge die Aktienquote erhöhen, wissend, dass dadurch das Schwankungsrisiko nicht unerheblich steigt. Im Ergebnis aber entsteht im Falle eines 50 Prozentigen Aktienanteils ein Rendite-Risiko-Profil, welches schon deshalb als objektiv angemessen gelten muss, weil es der Stiftung erst dadurch möglich wird, ihren Stiftungszweck zu erfüllen. Und das, ohne den langfristigen Vermögenserhalt zu gefährden.

Dass das Vermögen im Zuge dessen höhere kurz- und mittelfristige Schwankungen aufweist, ist solange unschädlich, als es sich um bloße Kursschwankungen und nicht etwa um echten Vermögensverzehr handelt, welcher beispielsweise auf den Ausfall einzelner Titel zurückzuführen ist.

Die liebe Not der Stiftungsverantwortlichen

Die objektiv messbare Risikotragfähigkeit der Stiftung ist von der subjektiven Risikopräferenz der Stiftungsverantwortlichen strikt zu trennen. Gemeint ist die gefühlte Risikoneigung, ebenso wie der praktische Umgang mit bereits eingetretenen Risiken.

Es wäre beispielsweise nicht sinnvoll ein Portfolio aufgrund der objektiven Risikotragfähigkeit der Stiftung mit einem Aktienanteil von 50 Prozent auszustatten, wenn der verantwortliche Stiftungsvorstand zu verstehen gibt, dass ihn Kursschwankungen von mehr als 5 Prozent belasten würden.

Ganz im Gegenteil bestünde dann die Gefahr, dass der Stiftungsvorstand im Falle von temporären Kursverlusten den eingeschlagenen Pfad aufgibt, Kursrückgänge realisiert und für echten Vermögensverzehr sorgt. Die individuelle Einstellung zu den Risiken der Vermögensanlage ist von allen maßgeblichen Personen der Stiftung abzufragen. Dies bezieht auch den Stiftungsrat oder den Beirat mit ein.

Ein gemeinsames Verständnis für den Umgang mit Risiken ist entscheidend, soll die Vermögensanlage langfristig erfolgreich sein. Die Methoden zur Feststellung der individuellen Risikoneigung sind vielfältig. Ein für alle Fälle taugliches und im Idealfall noch standardisiertes Verfahren gibt es nicht.

Häufig sind mehrere Gespräche und die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Begriff des Risikos und seinen Ausprägungen nötig, um eine Aussage zur subjektiven Risikoneigung des einzelnen zu entwickeln. Nicht selten erfährt daher die subjektive Risikoneigung noch im Zuge der Umsetzung der Strategie einen letzten Schliff.