Studie von Roland Berger Schweizer Private Banking wird zur Zweiklassengesellschaft

Nimmt die rund 60 größten Schweizer und Liechtensteiner Privatbanken über den Fünf-Jahres-Zeitraum 2011 bis 2015 unter die Lupe: die Roland-Berger-Studie „Quo vadis, Privatbank?“

Nimmt die rund 60 größten Schweizer und Liechtensteiner Privatbanken über den Fünf-Jahres-Zeitraum 2011 bis 2015 unter die Lupe: die Roland-Berger-Studie „Quo vadis, Privatbank?“ Foto: Roland Berger 2016

Das Private Banking in der Schweiz hat mit Mittelabflüssen und sinkenden Erträgen zu kämpfen. Das zeigt die Studie „Quo vadis, Privatbank?“ von Roland Berger, für die die Unternehmensberatung knapp 60 größten Schweizer und Liechtensteiner Privatbanken über den Fünf-Jahres-Zeitraum 2011 bis 2015 umfassend quantitativ analysiert hat.

Demnach gehen einige Privatbanken – und solche die Private Banking betreiben – als Verlierer aus dem Regulierungs- und Digitalisierungsprozess hervor – zugleich können jedoch manche vom Wandel profitieren.

Langfristiger Wachstumstrend unterbrochen

„Insgesamt haben sich die Privatbanken in der Schweiz und in Liechtenstein in den vergangenen fünf Jahren verhalten positiv entwickelt“, sagt Robert Buess, Partner und Private Banking-Spezialist bei Roland Berger in Zürich. „Es wird aber immer schwieriger, weiteres Wachstum und höhere Gewinne zu realisieren.“

Ein leichter, knapp zweiprozentiger Rückgang der Assets under Management (AuM) im Jahr 2015 hat eine Entwicklung unterbrochen, die zwischen 2011 und 2014 einen stetigen Anstieg der Kundenvolumina mit sich brachte.

Auch beim Nettoneugeld zeigt sich ein klarer Dämpfer. Mit knapp 88 Milliarden Schweizer Franken (umgerechnet knapp 81 Milliarden Euro, ein Minus von fast 20 Prozent gegenüber 2011) wurde 2015 der geringste Wert der vergangenen fünf Jahre realisiert.



Zusätzlich schrumpft die Bruttomarge auf mittlerweile noch 86 Basispunkte. „Drei Viertel aller Privatbanken haben in den letzten fünf Jahren einen Rückgang bei den Erträgen und/oder der Bruttomarge verzeichnet“, sagt Markus Strietzel, Partner und Co-Head Finanzdienstleistungen von Roland Berger. „Die Cost-Income-Ratio blieb allerdings dank bereits ergriffener Kostenmaßnahmen mit einem Wert von rund 79 Prozent stabil.“



Private Banking als Zweiklassengesellschaft


Der Blick auf die Gewinner und Verlierer offenbart eine zwiespältige Entwicklung. Laut Studie dominieren weiter die beiden Schweizer Großbanken die Branche durch ihre schiere Größe – Kundenvermögen sowie Erfolgsrechnung – und globale Reichweite, nicht aber bei Wachstum, Bruttomarge und Effizienz.

„Unsere quantitative Analyse zeigt klar, dass die großen Privatbanken – das sind solche mit AuM von mehr als 100 Milliarden Franken – nach signifikanten Zukäufen und starkem organischen Wachstum die Gewinner sind. Erfreulicherweise zeigen sich aber auch viele der kleinen und kleinsten Privatbanken robust und wachstumsstark“, sagt Buess.

„Zu den klaren Verlierern zählt dagegen die Gruppe der mittelgroßen Privatbanken mit AuM zwischen 25 und 100 Milliarden Franken, und dort vor allem die Private Banking-Geschäftseinheiten der größeren Auslandsbanken.“



Deren Problem des „stuck in the middle“ ist aus der Studie klar ersichtlich, doch auch hier gibt es Ausnahmen. Laut Strietzel ist die Größe eines Instituts kein Muss für den Erfolg: „Es gibt attraktive und erfolgreiche Nischen sowie passende Geschäftsmodelle, und es gibt Gewinner und Verlierer in jedem Größensegment.“

Drei strategische Stoßrichtungen im Fokus

Die Studienautoren raten deshalb dazu, Probleme jetzt anzugehen. So ergäben sich für Privatbanken drei strategische Stoßrichtungen, die hohes Potenzial für zukünftigen Erfolg haben: Erstens „Volle Kraft voraus“, zweitens „Wachstum und Konsolidierung auf hohem Niveau“ und drittens „Fokussierung und Rentabilisierung“.

„Die Privatbanken müssen ihre Geschäftsmodelle neu definieren und ihre Operating-Modelle den neuen Gegebenheiten anpassen“, sagt Strietzel. Besonders wichtig sei es außerdem für jedes Institut, rasch die richtigen individuellen Antworten auf das Thema Digitalisierung zu finden. Denn die habe das Potenzial, die Branche nachhaltig zu verändern.

„Die digitale Lücke zwischen den Polen der Schweizer Privatbanken ist groß. Dabei bietet das Thema auch Privatbanken große Chancen, wenn es institutsspezifisch richtig umgesetzt wird“, so Strietzel.

Die Studie kann hier heruntergeladen werden.

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