Risikobudgets in Krisenzeiten, Teil 2 „Die Krisenkommunikation beginnt schon beim Kundenanbindungsprozess“

 Michael Kohlhase ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Dr. Kohlhase Vermögensverwaltung

Michael Kohlhase ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Dr. Kohlhase Vermögensverwaltung

Die starken Marktschwankungen haben derzeit nicht nur Auswirkungen auf die Investmenttätigkeit und Anlagestrategie der Vermögensverwalter. Es ist nicht unüblich, dass Kundendepots in diesen Zeiten im Minus liegen und an vereinbarten Grenzen kratzen.

Problematisch wird es allerdings, wenn man dies in derartigen Zeiten unzureichend in den Kundenvereinbarungen berücksichtigt hat und den Kunden nicht einbezieht. Fakt ist: Sind die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung erfüllt, muss man den Kunden informieren.

Die Art und Weise, wie man mit dem Kunden kommuniziert, sollte allerdings zur generellen Kommunikationsstrategie des Unternehmens passen. Wichtig ist: Wer normalerweise einmal wöchentlich mit seinem Kunden spricht, um sich für gelungene Trades loben zu lassen, oder den Kunden sonst regelmäßig zum Essen einlädt, darf sich in schwierigen Zeiten nicht wegducken.

Nicht wenige Vermögensverwalter mögen denken: Der Kunde muss doch wissen, was gerade an den Märkten passiert. Doch das kann man nicht voraussetzen. Der Anleger will mitgenommen werden. Anderenfalls riskiert man, dass der Kunde sein Konto auflöst, sobald die Verluste ausgeglichen sind.

Vereinbarte Krisenkommunikation

Die Frage ist, wie man die Kommunikation unangenehmer Themen, zu denen das Unterschreiten der Verlustschwelle oder das Überschreiten des Risikobudgets zweifelsfrei gehören, so effektiv und verständlich wie möglich gestaltet. Im Grunde beginnt diese Arbeit bereits beim Kundenanbindungsprozess und der Frage: Hat der Kunde das, was mit ihm vereinbart wurde, auch wirklich verstanden?

Der Vermögensverwalter sollte mit Fingerspitzengefühl herausfinden, ob sein Kunde für eine Anlage in Wertpapiere überhaupt geeignet ist. Das ist in Deutschland schätzungsweise bei lediglich rund 20 Prozent der Anleger der Fall. Zum Einen wissen die Kunden überhaupt nicht, wie bestimmte Finanzinstrumente funktionieren. Zum Anderen will das Gros der Anleger kein Risiko eingehen.

Mit Einführung der Finanzmarktrichtlinie Mifid im Jahr 2007 mussten Vermögensverwalter ihren Kunden erstmalig die Vereinbarung einer Verlustschwelle anbieten. Einige überließen die Höhenfestlegung den Kunden selbst und wurden überrascht: Bei der Ermittlung der Risikotragfähigkeit gaben die Kunden bei möglichen Verlusten 0 Prozent an. Hier wurde deutlich, wie wenig sich die Anleger mit den Finanzmärkten und deren Risiken auseinandergesetzt hatten.

Der Kunde muss die Strategie des Vermögensverwalters nachvollziehen können und verstehen, wie dieser arbeitet. Verfolgt er eine Buy-and-Hold- oder eine Trading-Strategie? Werden Stop-/Loss-Limits gesetzt?

Transparenz ist das A und O. Der Kunde muss sich auf den Vermögensverwalter verlassen können – und umgekehrt. Je besser der Vermögensverwalter schon bei der Kundenanbindung arbeitet, je transparenter er macht, wie und mit welchen Instrumenten er arbeitet, desto eher wird der Kunde nachvollziehen können, was in schwierigen Marktphasen vor sich geht.
 
Des Weiteren sollte das Informationsschreiben an den Kunden verständlich gestaltet sein und Informationen enthalten, wie es nach dem Unterschreiten der Verlustschwelle weitergeht. Durch eine aktive Vorgehensweise kann der Vermögensverwalter unangenehme Rückfragen des Kunden vorbauen, indem er seinen Klienten schon vor dem Versand des vorgeschriebenen Informationsschreibens anruft.