private banking magazin: Seit 10 Jahren begleiten Sie nun mit Biermann Neff die Asset-Management- und Private-Banking-Branche. Welche Entwicklungen und Themen haben die Branche in diesem Jahrzehnt am stärksten geprägt?
Klaus Biermann: Im Markt wie auch in unserem Geschäft hat sich sehr viel bewegt. Themen wie Weißgeld-Strategie, zunehmende Spezialisierung, passive Anlagen beziehungsweise ETFs, die Gender-Thematik, ESG, Digitalisierung oder Fintechs, um nur einige zu nennen, haben die vergangenen zehn Jahre geprägt. Diese Veränderungen haben ebenso einschneidende Wirkung gehabt wie die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen, die leider oft ihre Ziele verfehlt haben. Unser Fokus, Asset Management und Private Banking als Personaldienstleister unabhängig zu beraten, den wir seit der Finanzkrise 2008 verfolgen, hat hingegen noch heute Bestand.
Haben die Banken richtig auf die neuen Anforderungen reagiert?
Biermann: Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Jedenfalls erkennen wir die mangelhafte Strategie vieler Banken an den aktuellen Aktienkursbewertungen. Allerdings sind diese das Ergebnis von Fehlentscheidungen noch vor und während der Finanzkrise. Ein aus unserer Sicht entscheidender Fehler der jüngeren Vergangenheit war die teilweise massive Erhöhung der Fixgehälter zulasten der Boni. Die Banken haben sich dadurch großer Handlungsspielräume beraubt und eines der wichtigsten Anreizsysteme wegfallen lassen. Zusätzlich sind die Partikularinteressen der Einzelnen immer noch immens hoch. Fusionen fanden statt, allerdings nicht in dem Umfang, wie wir dies erwartet hatten.
Thema Regulierung: Welche Gesetzesvorgaben sehen Sie als gelungen und sinnvoll an, welche lösen blankes Entsetzen aus?
Biermann: Innerhalb der vergangenen Jahre konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Politik alles dafür tun wollte, den europäischen Anbietern im Vergleich besonders zur US-Konkurrenz wesentlich schwierigere Rahmenbedingungen zu bieten. Die angestrebte Regulierung, die in ihrer Grundidee durchaus richtig war und ist, ist oft über das Ziel hinausgeschossen und war damit Thema in vielen unserer Kunden- und Kandidatengespräche. Der entstandene Arbeitsaufwand war und ist immer noch immens, die Verhältnismäßigkeit stimmt nicht, Nutzen und Fokus gingen verloren. Das Geschäft wurde zunehmend inflexibler und Unternehmertum alles andere als gefördert und unterstützt. Skandale und Pleiten konnte die fortgesetzte Regulierung trotzdem nicht verhindern. Der finale Nutzen für den privaten und institutionellen Anleger ist kaum zu erkennen und die Frustration ist enorm. Der Anleger hat im Ergebnis wesentlich mehr Kosten und erhält dafür keine bessere Qualität, sondern im Zeitalter von Niedrigzinsen eine zusätzliche Belastung. Von dem zeitlichen Aufwand und dem Verlust des Fokus bei den Vermögensverwaltungsgesellschaften ganz zu schweigen. Eine der größten negativen Effekte etwa von Mifid ist aber, dass der Berater in der Bank immer weniger Verkäufer ist als früher – wenn er dies denn jemals überhaupt war. Eine Empfehlung darf und kann heute nicht mehr wirklich ausgesprochen werden. Auf diese Weise hat man Rahmenbedingungen für Gleichmacherei geschaffen.