Künstliche Intelligenz KI im Asset Management – Die Maschine kann nicht ohne Mensch und andersherum

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Auch die bisher spärliche Fachliteratur sieht wie Tittel im Auffinden von Alpha und Volatilitäten Potenzial für die Künstliche Intelligenz. So führen die Wissenschaftler Söhnke M. Bartram, Jürgen Branke und Mehrshard Motahari in einer Abhandlung, die auch Teil des renommierten CFA-Programms ist, dafür KI-Ansätze wie Cluster-Analysen, Entscheidungsbäume, evolutionäre Algorithmen und verschiedene Regressionen an. Auch die Optimierung von Portfolioallokationen und Risikomanagement bei Vermögensverwaltungen oder anderen Finanzdienstleistern sei möglich. 

Hilfe bei Alpha und Volatilitäten, fehleranfällig durch den Finanzmarkt

Dass eine KI für viele Finanzdienstleister einen Mehrwert stiften kann, glaubt auch Quantumrock-Mann Tittel. Dass sie allerdings die kompletten Kapitalmärkte selbstständig beackert und daraus eine Handelsstrategie erzeugt, hält er für ausgeschlossen: „Wenn der KI kein Rahmen vorgegeben wird, kommt bei vielen Ansätzen nur Unsinn raus. Im Kapitalmarkt bringt sie Dinge in Verbindung, die keine Kausalkette darstellen.“ Zu groß sei die Datenbasis und zu komplex die Zusammenhänge. Reine KI-Ansätze finden sich laut Tittel höchstens in experimentellen Hedgefonds, die als eine Art Blackbox agieren – und damit beispielsweise ein rotes Tuch für auf Sicherheit bedachte institutionelle Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen sind. Selbst wenn die Renditen dieser Fonds laut Cerulli-Untersuchungen in der Vergangenheit durchaus überdurchschnittlich waren.


Aber auch die Wissenschaftler Bartram, Branke und Motahari weisen darauf hin: „Die Schlussfolgerungen der meisten KI-Modelle zu verstehen und zu erklären ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Mit zunehmender Komplexität der Aufgabe oder des Algorithmus kann die Undurchsichtigkeit die menschliche Aufsicht unwirksam machen und damit zu einem noch größeren Problem werden.“ Bisher arbeiten Mensch und Maschine gemeinsam, nicht gegeneinander. Damit das funktioniert, brauche es laut Jäger vor allem fünf Faktoren:

  • eine große und leicht verfügbare Datenmenge
  • günstige und hohe Rechnerleistungen
  • eine vorab mit Daten und Zielen formulierte Investmentstrategie
  • entsprechende Algorithmen
  • genügend KI-Kompetenz bei den Mitarbeitenden

Gerade letzteres ist ein Problem: In der Finanzbranche fehlt es an geeigneten Fachkräften, die sowohl die Komplexität des Finanzmarktes als auch die Funktionsweise der Technologie verstehen. „Die Standardmethoden und Tools für die Künstliche Intelligenz, die in anderen Branchen funktionieren, die funktionieren in der Finanzbranche nicht. Deswegen müssen in Kenntnis der Thematik proprietäre Entwicklungen getätigt werden“, meint Tittel. Auch in der PwC-Umfrage führen rund zwei Drittel der Entscheidungsträger in der Branche mangelnde KI-Kompetenz ihrer Mitarbeitenden als Hemmschuh für die Entwicklung ins Feld.

Importierte Expertise für die eigene KI-Strategie

Das Problem: Die Kosten, um mit geeignetem Personal eine eigene und konkurrenzfähige Künstliche Intelligenz für das Asset Management zu entwickeln, schätzt Tittel auf mehrere Millionen Euro. Dementsprechend gehen er und auch Jäger davon aus, dass vor allem große Asset Manager wie Blackrock, die DWS oder auch die Deka nachziehen, um Boden zu spezialisierteren Boutiquen wie Acatis, Quantumrock oder QI Investment gut zu machen. Im Asset Management gibt es keine Technologiekonzerne und kaum Software-as-a-Service-Anbieter, die wie in anderen Branchen eine funktionierende KI-Infrastruktur für Handelsmodelle bieten können.

Diese Lücke zu besetzen, hält Tittel für schwierig. Quantumrock bietet seine KI vorerst nur in den eigenen Strategien oder als geschütztes Produkt für einzelne Kunden an. „Das funktioniert besser als ein reiner Software-as-a-Service-Ansatz“, erklärt Tittel, sieht aber auch in KI-Dienstleistungen für Dritte und einem Mittelweg eine Daseinsberechtigung: „Das machen wir auch. Für unser Volatility Special Opportunities Program bieten wir beispielsweise ebenfalls einen Index an, der auch auf Bloomberg ersichtlich ist.“