private banking magazin: Gibt es eine offizielle Zahl, wie viele Family Offices es weltweit gibt?
Carolin Decker: Nein, es gibt keine offizielle Liste oder ein Register. Family Offices handeln eher im Verborgenen. Deshalb handelt es sich bei allen Zahlen vor allem um Schätzwerte. Meiner Forschung nach gibt es in den USA 3.000 bis 5.000 Family Offices, in Europa sind es rund 2.000 und in Deutschland etwa 400 bis 600.
private banking magazin: Ab welcher Größe lohnt sich ein Family Office?
Decker: Single Family Offices lohnen sich etwa ab einem Vermögen von 200 Millionen Euro. Bei Multi Family Offices reichen schon wesentlich geringere Beträge – rund 20 Millionen Euro.
private banking magazin: Gibt es einen Trend vom Single Family Office zum Multi Family Office?
Decker: Ich beobachte schon, dass es in letzter Zeit einige Single Family Offices gab, die sich für weitere Familien öffneten oder sich mit anderen zusammenschlossen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer ist, dass viele Vermögensinhaber im Zuge der Finanzkrise sehr viel Geld verloren haben und ein Single Family Office schlicht zu teuer würde auf Dauer.
Ein weiterer Grund ist der Verlust des Vertrauens in die Banken. Viele Familien trauen es sich jetzt selbst zu, mit ihrem Vermögen zu arbeiten und es zu verwalten. Woher kommt schließlich das Vermögen? In den meisten Fällen aus einer unternehmerischen Tätigkeit. Diese Familien sind kompetent.
private banking magazin: Wo sehen Sie die aktuellen Herausforderungen für Family Offices?
Decker: Ganz klar in der Finanzkrise und in darauf abgestimmten, neuen Anlagestrategien. Dabei schwingt auch die Frage mit, welche Bank noch vertrauenswürdig ist. Denn gerade Single Family Offices haben oft keine Banklizenz und sind darauf angewiesen, einen Partner zu haben, der bestimmte Transaktionen für sie abwickelt.
Unabhängig davon spielt die Personalsuche eine immer größere Rolle. Prognosen zeigen, dass die Zahl der Vermögenden weltweit steigen wird, dementsprechend wird auch die Zahl der Family Offices wachsen. Unklar ist aber, ob es genügend geeignete Kandidaten für die Managementfunktionen im Family Office geben wird.
private banking magazin: Haben es Multi Family Offices bei der Personalsuche leichter als Single Family Offices?
Decker: Ja. Multi Family Offices haben je nach Größe verschiedene Hierarchiestufen und damit Aufstiegsmöglichkeiten. Bei den Single Family Offices gibt es die womöglich gar nicht. Da sitzt einer, der das Family Office leitet und vielleicht noch eine Handvoll weitere Mitarbeiter. Aufstiegschancen sind da nicht erkennbar.
private banking magazin: Wo entwickeln sich Family Offices hin?
Decker: Ihre Zahl wird weiter steigen. Gerade in Asien sehen wir ein starkes Wachstum. Ob die Modelle, die wir hier in Europa vielfach haben dort genauso funktionieren, ist aber fraglich. Dort gibt es kulturelle Unterschiede.
private banking magazin: Welche denn?
Decker: Ein größeres Misstrauen zwischen den einzelnen Generationen der Familie etwa. Aber auch Misstrauen gegenüber Multi Family Offices. Viele Familien fürchten, dass die dominante Familie bessere Konditionen erhält als der Rest. Da wird man überlegen müssen, wie man damit umgeht. Denn es heißt ja immer wieder, der Markt für Multi Family Offices liegt in Asien. Das sehe ich zwar auch so. Aber ein Multi Family Office in Dubai oder Singapur wird nicht so aussehen wie eines in Hamburg oder Frankfurt.
Kosten, Personalsuche, Zukunft - Interview zu Family Offices „Family Offices handeln eher im Verborgenen“
Lesedauer: 3 Minuten