Die sechste Welle Wo befinden wir uns im Kondratjew-Zyklus?

Karl-Heinz Thielmann ist der Vorstand vom Long-Term Investing Research - Institut für die langfristige Kapitalanlage

Karl-Heinz Thielmann ist der Vorstand vom Long-Term Investing Research - Institut für die langfristige Kapitalanlage

Gibt es Grenzen des Wirtschaftswachstums? Sind nicht irgendwann alle Ressourcen erschöpft, alle Produktionskapazitäten ausgelastet? Wie viele Menschen können auf dieser Erde überhaupt ernährt werden? Diese Fragen stellen sich nicht nur heutige Globalisierungskritiker. Bereits der britische Ökonom Thomas Robert Malthus (1766 bis 1834) beschäftigte sich mit dieser Problematik und kam zu beunruhigenden Ergebnissen.

Auf der Suche nach Gründen für die sozialen Probleme im frühindustriellen England veröffentlichte er im Jahr 1798 den Aufsatz „The Principle of Population“. Hierin stellte Malthus die These auf, dass die Bevölkerungszahl exponentiell wachsen werde, die Lebensmittelproduktion aber nur linear erhöht werden könne. Das Angebot könnte man deshalb nicht entsprechend der steigenden Nachfrage ausdehnen. Nahrungsmittel würden immer knapper, ihre Preise immer weiter steigen und sie damit für breite Schichten der Bevölkerung unerschwinglich werden. Weitverbreiteter Hunger und Verelendung wären die Folge.

Für diesen Prozess des in die Verarmung führenden Wachstums haben sich in den späteren Jahren Begriffe wie die Malthusianische Katastrophe oder Bevölkerungsfalle geprägt. Malthus beeinflusste mit seinen Gedanken stark spätere sozialistische Ökonomen – wurde von Karl Marx allerdings abgelehnt – sowie in heutiger Zeit noch Wachstumsskeptiker wie den Club of Rome und die sogenannten Postwachstumsökonomen.

Von marktwirtschaftlich orientierten Ökonomen wurden Malthus Thesen immer schärfstens angegriffen, da sie ein Versagen der Selbstregulierungskräfte von Märkten implizierten. Zudem waren die logischen Konsequenzen von Malthus Ideen massive staatliche Eingriffe zur Eindämmung des Bevölkerungswachstums, die jeglichem Freiheitsverständnis widersprachen. Dies sieht man beispielsweise an den Konsequenzen der chinesischen Ein-Kind-Politik, die man in gewisser Weise als praktische Umsetzung von Malthus Ideen in der Neuzeit ansehen kann.

Das Hauptproblem der Vorstellungen von Malthus und seiner geistigen Nachfolger besteht allerdings darin, dass sie einen Faktor massiv unterschätzt haben. Dieser hat in der Realität dazu geführt, dass genau das Gegenteil der pessimistischen Prognosen eingetreten ist. Produktivitätsgewinne aufgrund von technischem Fortschritt haben es ermöglicht, immer mehr Güter und Nahrungsmittel immer billiger zu produzieren. Massenwohlstand statt Elend ist das Resultat der Wirtschaftsentwicklung der vergangenen 250 Jahre.