Chan Zuckerberg Initiative „Heldentaten kann man von der Milliarden-Spende noch nicht erwarten“

private banking magazin: Mark Zuckerberg hat mit seiner Ankündigung, 99 Prozent seiner Anteile an Facebook an die Stiftung „Chan Zuckerberg Initiative“ zu geben, für Schlagzeilen gesorgt. In manchen deutschen Medien hat er Kritik geerntet, zu Recht?

Jörg Seifart: Gerade bei Letzterem wird aus meiner Sicht vollkommen über das Ziel hinausgeschossen. Zum Teil liest man, dass er in den ersten drei Jahren nur eine Milliarde pro Jahr einbringen will. Das muss man sich auf der Zunge ergehen lassen – „nur“ eine Milliarde jährlich. Allein mit dieser Summe hätte man eine der größten deutschen Stiftungen gegründet.

Gleichzeitig ist die Kritik auch sicherlich der Tatsache geschuldet, dass er als Person und Facebook als Unternehmen polarisiert. Aber am Ende des Tages ist das sein Vermögen und ich habe gewisse Schwierigkeiten mit Kritiker des Gutmenschentums, solange sie es nicht selber besser machen.

Als Stiftungsvehikel hat Zuckerberg eine sogenannte Limited Liability Company, kurz LLC gewählt. Wo liegt der Unterschied zwischen dieser und einer Stiftung?

Seifart: Technisch gesehen werden die Facebook-Anteile in eine neue Struktur gegeben mit dem Unterschied, dass die Chan Zuckerberg Initiative im Gegensatz zu anderen Stiftungsformen nicht gemeinnützig ist. Das heißt auch, dass dieser Vermögensübertrag steuerlich nicht für die Eheleute nutzbar ist und auch Erträge innerhalb der LLC besteuert werden müssen. Das ist natürlich nicht verboten und von Anfang an so angekündigt.

Die LLC ist in ihren Ausgabeverpflichtungen flexibler, denn Stiftungen nach amerikanischen Recht müssen jedes Jahr mindesten 5 Prozent ihres Vermögens ausschütten. Daran können Sie erkennen, dass die Investmentstrategie von Universitäten wie Yale oder Harvard wegen der Vorgabe des Kapitalerhalts für deutsche Stiftungen schlicht und ergreifend nicht übertragbar ist.

Flexibilität kann man auch kritisch sehen. Wofür sollen die LLC-Gelder verwendet werden?

Seifart: Das ist ein wichtiger Punkt. Eine konkrete Verpflichtung, eine bestimmte Summe jährlich für den guten Zweck auszugeben, ist in der gewählten Struktur nicht vorgesehen. Man kann aber nicht davon auszugehen, dass nicht geplant ist, Gelder für den guten Zweck auszugeben. Dann würde die ganze Ankündigung, dieses tun zu wollen, keinen Sinn ergeben. Wenig bekannt ist beispielsweise, dass Mark Zuckerberg schon über eine Milliarde gespendet hat.

Gleichzeitig ist ausdrücklich vorgesehen, dass Mittel für Lobbyarbeit eingesetzt werden sollen. Das ist nach amerikanischen Recht so ohne weiteres für eine gemeinnützige Stiftung nicht möglich. Dazu soll die Chan Zuckerberg Initiative auch ganz normale Investments tätigen können, wenn diese einem Impact, wie beispielsweise Zielen des Klimaschutzes, dienen. Etwaige Gewinne sollen in der LLC verbleiben und für genannten Zielen verwendet werden.

Insgesamt ist ein Trend zu beobachten, dass die Grenzen zwischen ertragsorientiertem und gemeinnützigem Engagement zunehmend erodieren. So mancher moderner Mäzen möchte sich nicht von gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften einengen lassen. Stattdessen verzichten sie im Gegenzug lieber auf Steuererstattungen. Die Witwe von Steve Jobs ist dazu ein Beispiel. Kritisiert wird in der amerikanischen Fachpresse, dass das LLC-Vehikel nicht veröffentlichungspflichtig ist. Zuckerberg könne man dadurch nur beim Wort nehmen, dass seine Chan Zuckerberg Initiative tatsächlich Gelder für den klassischen guten Zweck ausgebe.