ANZEIGE

Angespannte Marktlage Droht Europa eine neue Bankenkrise?

Bereits vor dem Brexit waren die Erwartungen für den Bankensektor niedrig. Das liegt an den Negativzinsen, die sich äußerst belastend auf die Nettoerträge der Banken auswirken. Nach dem britischen Referendum sind die Gewinnerwartungen für Banken unseren Schätzungen zufolge um weitere 15 Prozent gesunken. Zudem geht der Markt davon aus, dass die Zinsen längere Zeit niedrig bleiben, das Lohnwachstum zurückgehen, die kapitalmarktbezogenen Einnahmen sinken und die Abschreibungen zunehmen werden. Insgesamt durchläuft der europäische Bankensektor damit zurzeit eine turbulente Phase und wird am Markt mit Bewertungsabschlägen gehandelt, die auch im historischen Vergleich günstig sind.

Keine Liquiditätskrise

Auch wenn die Aktienkurse stets eine Art Krise widerspiegeln können: Derzeit befindet sich der Sektor nicht im gleichen Überlebenskampf wie nach der Finanzkrise. Die Finanzierungsmärkte sind beispielsweise deutlich stabiler geworden, da die Europäische Zentralbank (EZB) viel aktiver agiert. Das ist ein deutlicher Unterschied im Vergleich zu früher, als es Banken schwer hatten, ihre Kreditgeschäfte auf dem freien Markt zu refinanzieren. Damals gab es eine ausgewiesene Liquiditätskrise, was dieses Mal unserer Ansicht nach nicht der Fall ist.

Italienische Banken als Auslöser

Insgesamt halten die Banken in Italien faule Kredite in Höhe von circa 200 Milliarden Euro. Das sind Verbindlichkeiten, bei denen nicht sicher ist, ob sie jemals zurückgezahlt werden können. Doch während im Jahr 2014 das Volumen dieser Kredite um ungefähr 25 Prozent stieg, beläuft sich die Wachstumsrate in diesem Bereich derzeit stabil auf 3 bis 4 Prozent.

Hinzu kommt, dass das Gesamtvolumen der ausstehenden faulen Kredite zum ersten Mal seit Jahren stabil bei dieser Summe liegt. Es gibt also nichts, was darauf hinweist, dass es zu einer weiteren Eskalation kommen wird.

Im Gegenteil: Die Lage ist so stabil wie schon lange nicht mehr. Darüber hinaus sind die Gewinnerwartungen für italienische Banken für 2017 und 2018 um circa 25 Prozent zurückgegangen. Obwohl die Unsicherheit den gesamten Sektor belastet, ist Monte dei Paschi am stärksten betroffen. Die EZB hat das Bankhaus mit Sitz in Siena dazu aufgefordert, den Anteil der faulen Kredite am gesamten Darlehensumfang bis 2018 von 34,4 Prozent auf 20 Prozent zu senken. Das kann die Bank am freien Markt nicht schaffen. Deshalb hat die italienische Regierung den Atlante-Fonds in Höhe von 4,8 Milliarden Euro eingerichtet mit dem Ziel, den Banken mit ihren faulen Krediten zu helfen. Aber es ist fraglich, ob das überhaupt reicht.

Entscheidender Faktor EZB

Für Italien ist es daher entscheidend, dass eine Lösung für Monte dei Paschi gefunden wird, die dem restlichen Bankensektor des Landes nicht schadet. Aber die alles überschattende Ursache für die Spannungen im gesamteuropäischen Bankensektor ist die Geldpolitik der EZB, da die Negativzinsen die Einnahmen der Banken beeinträchtigen. Das Wichtigste wird also ein Signal der EZB sein, dass sie die Zinsen zumindest nicht noch weiter senkt. Zudem sind Banken vom Wirtschaftsumfeld abhängig. Alle empirischen Hinweise darauf, dass der Brexit keine allzu negativen Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft haben wird, besitzen ebenfalls eine große Bedeutung.

Risiken bei Investmentbanken

Der europäische Bankensektor scheint historisch gesehen günstig, aber es gibt im Moment viele Unsicherheitsfaktoren. Unserer Ansicht nach sollten Investoren  daher vorerst abwarten, bis mehr über Strategien zur Lösung der bestehenden Probleme bekannt ist. Wichtig ist auch, wie sich diese Maßnahmen auf die Bewertungen der Geldhäuser auswirken werden.

Vor allem die Risiken bei Investmentbanken sollten Anleger berücksichtigen. Wenn man sich für den Sektor interessiert, sind unserer Ansicht nach gut kapitalisierte und geführte Retail-Banken gegenwärtig die beste Wahl.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen