Neu entdeckte Liebe Wie Institutionelle ihre Immobilien-Quoten hochschrauben

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Aufgrund der guten wirtschaftlichen Fundamentaldaten und des stabilen politischen Umfelds gilt der deutsche Immobilienmarkt unter Investoren als sicherer Anlagehafen in Europa. Er bietet vor allem im Bürosegment gute Möglichkeiten, Risiken zu streuen, und eine Vielzahl attraktiver Metropolen. Laut dem Trendbarometer von EY wird Deutschland auch im Jahr 2014 als attraktiver oder sehr attraktiver Standort für Immobilien-Investments gesehen.

Auch im europäischen Vergleich wird Deutschland nach wie vor als attraktiv eingeschätzt. Zwar gebe es in Einzelfällen Übertreibungen, auf breiter Front sei aber noch keine Blasenbildung zu erkennen. Demzufolge halten Investoren auch die hohen Kauf-Multiplikatoren in vielen deutschen Märkten für gerechtfertigt.

Dennoch drängt sich die Frage auf, ob künftig allein die niedrigen Finanzierungskosten und das stabile Marktumfeld ausreichen werden, um vermehrt ausländische Anleger anzulocken. Allmählich ist der deutsche gegenüber den wieder entdeckten südeuropäischen Ländern relativ hoch bewertet. Laut dem Datendienstleister IPD wiesen deutsche Büroimmobilien im Jahr 2013 lediglich einen Gesamtertrag von 3,6 Prozent aus, während Wohnimmobilen 8,3 Prozent abwarfen.

Zudem bleibt abzuwarten, wie lange die Rally auf den bevorzugten europäischen Immobilienmärkten anhalten wird. Diese könnte insbesondere dann auslaufen, wenn die steigenden Nettoanfangsrenditen und ein deutlich schwächeres Mietwachstum die Ertragsperspektiven eintrüben. Das Zusammenschmelzen der Gesamterträge soll in den Jahren 2016 und 2017 eintreten, heißt es in einer Studie der Dekabank.

In der Zwischenzeit dürften die Renditen wegen des niedrigen Zinsniveaus in den sicheren Häfen Deutschland, Großbritannien, hier vor allem London, oder Skandinavien niedrig bleiben und im Zeitablauf weiter sinken. Laut Robert Stolfo, Geschäftsführer bei Invesco Real Estate, sind mit Core-Anlagen in Deutschland auf risikoadjustierter Basis immerhin noch 4 bis 5 Prozent zu verdienen. Das erklärt, warum viele Anleger deutsche Immobilien bevorzugen, zumal in Top-Standorten wie Paris auch nicht mehr zu verdienen ist.

Verschmähte Immobilienaktien

Da Core-Immobilien inzwischen zu teuer und vor allem Mangelware sind, werden sich europäische Investoren zunehmend alternativen Anlagestrategien zuwenden müssen, was nichts anderes bedeutet, als mehr Risiken in Kauf zu nehmen. Dass die Risikobereitschaft bereits gestiegen ist, bestätigt auch Stolfo. Das ließe sich unter anderem daran festmachen, dass in Transaktionen früher eingestiegen und die Finanzierung kreativer werde. Allerdings ist im Gegensatz zur letzten Boomphase zwischen 2004 und 2008, in der Investoren opportunistisch und unter hohem Einsatz von Fremdkapital auf den europäischen Immobilienmärkten einkauften, der Fremdkapitalanteil heute bedeutend niedriger. Die Anleger sind wesentlich vorsichtiger.

Wenngleich es wünschenswert wäre, dass Immobilienaktien sowie Immobilienaktienfonds von Investoren stärker genutzt würden, dienen diese Investmentvehikel lediglich als Beimischung zu bestehenden Immobilien-Investments. Neben der Tatsache, dass Immobilienaktien Portfolios stabilisieren und diversifizieren können, gelten Immobilienaktien als defensivere Anlageklasse verglichen mit dem Aktiengesamtmarkt.

In der Regel schwanken sie weniger stark, und der Anteil laufender Erträge an der Gesamtrendite ist bei ihnen höher. Zudem lassen sich mit Immobilienaktien Marktzyklen besser spielen als mit vergleichbaren indirekten Investments.

Gleichwohl konnten Anleger mit börsennotierten Immobilienaktien in den zurückliegenden Jahren nicht immer mit der Asset-Klasse Aktien Deutschland mithalten. Laut einer Studie der Landesbank Hessen-Thüringen vom Februar 2014 schnitten europäische Immobilienaktien in den zurückliegenden acht Jahren nur dreimal besser ab als deutsche Aktien (siehe Chart).




Auch deutsche Immobilienaktien können durchaus mit anderen Immobilienanlagen mithalten. Einer Analyse des Bankhauses Ellwanger & Geiger zufolge liegen sie mit einer Rendite von 4,7 Prozent im Langfristvergleich zum Beispiel vor den offenen Immobilienfonds mit 4,6 Prozent und dem Deutschen Immobilien Index Dix für Direktimmobilien mit 4,5 Prozent. Hinzu kommt, dass inzwischen sechs Immobilien-Aktiengesellschaften einen Streubesitz von jeweils mehr als einer Milliarde Euro aufweisen. Damit ist Deutschland inzwischen das drittgrößte Land im Branchenindex FTSE Epra/Nareit Developed Europe.

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Quelle: IMMOBILIENSCOUT OBJEKTDATENBANK (GESPEICHERTE GESUCHE I-III 2013)




Der Autor Karl-Heinz Goedeckemeyer ist unabhängiger Finanzanalyst (CREA) und Wirtschaftsjournalist in Frankfurt am Main. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Finanzanalyst hat er sich in verschiedenen Positionen umfassende Kenntnisse im Private Banking, Investmentbanking sowie in der Immobilienbranche erworben.

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