Anleihen von Mittelstandsunternehmen Schnaps statt Staatspapiere

Das Mittelstandsunternehmen Underberg informiert auf seiner Homepage über seine neue Anleihe

Das Mittelstandsunternehmen Underberg informiert auf seiner Homepage über seine neue Anleihe

Heidi Klum hat es getan, Alexandra Neldel auch und Lena Gerke. Für die süßen – natürlich fettfreien – Versuchungen von Katjes haben sich schon einige Hingucker lasziv vor der Kamera in den Laken gerekelt. Ja gut, Rainer Calmund war auch schon dabei, aber nicht im Bett, sondern an einer Felswand.

Für einen anderen Artikel im Sortiment haben die Naschkatzen aus dem rheinischen Emmerich dagegen nicht allzu viel Werbung nötig: Ihre Anleihe ist schon am ersten Tag der Zeichnungsfrist um 9.30 Uhr zweieinhalbfach überzeichnet. 30 Millionen Euro kassiert, Bücher zu. Ein Erfolg.

Anleihen von Mittelstandsunternehmen sind eine noch junge Anlageklasse – und eine beliebte. So war die Anleihe des Magenbitter-
Produzenten Semper Idem Underberg nach zweieinhalb Stunden ausverkauft und Underberg um 50 Millionen Euro schwerer.

Es sind vor allem die vergleichsweise hohen Zinssätze, die Anleger begeistern. 7,125 Prozent Zinsen schüttet das Magenbitter-Papier Jahr für Jahr bis zum 19. April 2016 aus. Katjes bezahlt für seinen Kredit genauso viel bei ähnlicher Laufzeit. „Anleger haben viel Liquidität und Anlagebedarf“, sagt Uwe Geibel. Der Vermögensmanager bei der Privatbank Bank Schilling & Co hat für seine Kunden bei Katjes, Underberg, Air Berlin und – etwas spekulativer – bei Autoteile Unger (ATU) zugegriffen. „Angesichts der sehr tiefen Zinsen
für Staatsanleihen machen sich diese Papiere in kleinen Dosen sehr gut. Und inzwischen fühle ich mich bei einer Mittelstandsanleihe manchmal besser als bei einem Staatspapier“, so Geibel.

Neue Börsenabteilungen haben sich auf den Trend mit mittleren und kleinen Unternehmen spezialisiert. Es ist ein bunter Branchenmix, den die Kleinen da erzeugen: Neben den bereits Genannten sind es auch der Heizgranulat-Produzent German Pellets, der Saftladen Valensina und der Maschinenbauer Dürr. „Derzeit sind auch viele Unternehmen für neue Energien aktiv“, sagt Sabine Traub, die den Rentenhandel in Stuttgart leitet. Generell wolle man aber das Branchenspektrum breit halten.

Kreditklemme pusht Markt

Ab einem Emissionsvolumen von 10 Millionen Euro ist man am Handelssegment „Der Mittelstandsmarkt“ an der Börse Düsseldorf dabei. „Bondm“ in Stuttgart verlangt 25 Millionen Euro. Dax-Unternehmen wie Siemens oder Allianz können mit solchen Beträgen nicht viel anfangen, ein Mittelständler schon.

Nur läuft es nicht bei allen Emittenten gleich gut. Das erfuhr schmerzhaft die Solarfirma Rena. Sie konnte nur ein Drittel ihrer geplanten 75-Millionen-Euro-Anleihe platzieren. „Gerade bei Anleihen kleinerer Unternehmen zählen Stärke und Bekanntheitsgrad der Marke sowie die Vorbereitung ganz besonders“, sagt Dirk Elberskirch, Vorstandschef der Börse Düsseldorf. Der Zeitpunkt für den neuen Trend zur Mittelstandsanleihe ist kein Zufall, sondern eine Nachwirkung der Finanzkrise. „Es war plötzlich viel schwieriger geworden, von Banken noch Kredite zu bekommen“, berichtet Traub.

In der Tat beklagte in einer Umfrage des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft vor gut einem Jahr fast jeder zweite Unternehmer, dass Banken mehr Kreditsicherheiten verlangten, weniger Neukredite anböten oder die Zinsmarge erhöhten. Ein Trend, den die neue Kapitalvorschrift Basel III noch verschärft: „Damit werden Kredite knapper und teurer, müssen mit mehr Sicherheiten unterlegt sein und werden oft nur projektbezogen vergeben“, erklärt René Parmantier. Er ist Vorstandschef der Close Brothers Seydler Bank, die auf dem deutschen Anleihemarkt stark unterwegs ist. Sie brachte unter anderem die Underberg-, Valensina- und Dürr-Anleihe an den Investor.

Hohe Zinsen für sie, die Unabhängigkeitserklärung gegenüber der Hausbank für den Mittelstand – für Parmantier eine klassische Win-Win-Situation. Er warnt zugleich aber davor, jedem Emittenten blind zu vertrauen. Auch sein Haus habe bisher mehr Anleihepläne abgelehnt als umgesetzt.

Auch die Rating-Agenturen geben ihr Bestes, den Eindruck eines Free Lunch zu verhindern. Ihre Noten liegen fast durchweg im B-Bereich. Underberg- und Valensina-Chef Wilfried Mocken stört das nicht (siehe Interview). Auch Uwe Geibel will die Druckbuchstaben nicht allzu groß schreiben: „Was ist schon ein Rating? Das sind Zahlen, die Zahlen beschreiben, die schon lange bekannt sind. Eine reine Momentaufnahme, die schon bei ein paar Turbulenzen überholt sein kann.“ Und dann hilft mindestens ein Underberg.

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