Risikokennzahlen auf dem Prüfstand, Teil 5 Value at Risk – wer nicht hinsieht, tappt in die Falle

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Die Alternative

Abhilfe sollen parametrisierte Verteilungsfunktionen schaffen. Auf Basis der Daten schätzt man die Parameter einer Verteilungsfunktion, welche allen denkbaren Renditezahlen eine Wahrscheinlichkeit zuordnet. Diese Renditen müssen hierbei nicht notwendigerweise Teil der Datenbasis sein. Die Schätzung dieser Funktion wird so vorgenommen, dass sie die bereits vorhandenen Daten am besten erklärt, also Unterschiede zwischen historischen und theoretischen Wahrscheinlichkeiten minimal sind.

Der resultierende Value at Risk steht und fällt natürlich mit der Güte der angenommen Verteilungsfunktion. Leider hat auch hier die Gaußsche Normalverteilung ihren Triumphzug durch die Finanzwelt fortgesetzt.

Zugegebenermaßen sind zahlreiche natur- und gesellschaftswissenschaftliche Phänomene normalverteilt, Wertpapierrenditen gehören allerdings nicht dazu. Die oft genutzte Formel

Durchschnittsrendite minus 2,3x Volatiliät = 99 Prozent Value at Risk

entspringt genau dieser Verteilungsannahme und sollte bitte umgehend aus Ihrer Formelsammlung gestrichen werden.

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Die obige Grafik stellt die Verteilung der Tagesrenditen im Dax auf Grundlage der vergangenen 20 Jahre sowie eine auf diesen Werten beruhende Normalverteilung dar. Wie man schnell erkennt, untertreibt die Normalverteilung die tatsächliche Wahrscheinlichkeit in der Mitte des Spektrums sowie den ungemein wichtigen Enden der Verteilung.

Was ist der Grund? Während sich in der Normalverteilungswelt alles im runden Bauch der Glockenkurve abspielt, kennen Wertpapiere vorwiegend minimale Preisänderungen und extreme Preissprünge in Zeiten von Marktunruhen.