Milieuschutz in Berlin Vorsorgliche Aufteilung von Wohnimmobilien lohnt sich

Empfiehlt eine Aufteilung von Mietshäusern in Wohnungen als wertsteigernde Maßnahme: Rechtsanwalt Uwe Bottermann

Empfiehlt eine Aufteilung von Mietshäusern in Wohnungen als wertsteigernde Maßnahme: Rechtsanwalt Uwe Bottermann Foto: Uwe Bottermann

Es gibt zwei Arten, ein Mehrfamilienhaus zu verkaufen: Die Immobilie kann als Globalobjekt an einen Käufer veräußert werden – oder zunächst in Teileigentum aufgeteilt und dann verkauft werden. Die Erlöse aus einem Einzelverkauf der Wohnungen sind in Summe deutlich höher als der Verkauf der Gesamtimmobilie.

Dazu ein Beispiel: Ein nicht geteiltes Berliner Mehrfamilienhaus in sehr guter Lage wechselte für 4,45 Millionen Euro den Besitzer. Wäre das Haus aufgeteilt gewesen, hätten es sich aktuellen Marktdaten zufolge sicherlich mit einem Aufschlag von 500.000 Euro verkaufen können. Warum hat der Verkäufer die Immobilie nicht vor dem Verkauf nicht aufgeteilt? Antwort: Weil er nicht durfte.

Berlin hat im März 2015 eine neue Verordnung eingeführt, welche die Aufteilung von Mehrfamilienhäusern nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in speziellen Gebieten nicht mehr – beziehungsweise nur in Ausnahmefällen – erlaubt. Die sogenannte Umwandlungsverordnung, die korrekterweise Umwandlungsverbotsverordnung heißen müsste, gilt jedoch nicht im ganzen Stadtgebiet, sondern nur in den bislang – und zukünftig – ausgewiesenen Milieuschutzgebieten. Milieuschutzgebiete können von jedem Berliner Bezirk ausgewiesen werden, wenn dieser die Bevölkerungszusammensetzung in einem bestimmten Areal als besonders schutzwürdig einstuft.

Ausweitung des Milieuschutzes vielerorts in Prüfung

Die existierenden Milieuschutzgebiete sind eher klein und erstrecken sich in der Regel auf zwei, drei, vier oder fünf Straßenzüge. Bislang haben vier innerstädtische Bezirke insgesamt 22 Milieuschutzgebiete ausgewiesen. Allerdings dürften es bald deutlich mehr werden. Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln haben bereits insgesamt drei neue Gebiete beschlossen. In Mitte wird derzeit bezirksweit geprüft, welche Gebiete unter Milieuschutz zu stellen sind.

Konkrete Beispiele sind im Bezirk Mitte fast der gesamte Stadtteil Moabit, im Stadtteil Wedding das Areal um den Leopoldplatz. In beiden Gebieten wären von dieser Maßnahme 90.000 Menschen in 50.000 Wohnungen betroffen.  Angesichts der relativ stark ansteigenden Mieten in den inneren Stadtbezirken ist es sehr wahrscheinlich, dass der Milieuschutz generell ausgeweitet wird. Im Extremfall könnten ihn einzelne Bezirke sogar flächendeckend einführen.

Eigentümer von Wohnimmobilien, die in einem potenziellen Milieuschutzgebiet liegen und gegebenenfalls in naher oder auch fernerer Zukunft eine Aufteilung ihres Objektes erwägen, sollten ihr Haus unbedingt vorsorglich aufteilen. Das bedeutet nicht, dass die Wohnungen sofort verkauft werden müssen. Der bisherige Eigentümer kann auch auf Jahre hinaus Eigentümer des aufgeteilten Hauses bleiben.

Aufwand einer vorsorglichen Aufteilung

Für eine vorsorgliche Aufteilung sprechen zwei Argumente: Erstens ist der finanzielle Aufwand relativ gering, und zweitens ist ein Milieuschutz keine zeitlich begrenzte Maßnahme, die man aussitzen könnte, sondern eine sehr langfristig konzipierte Maßnahme, welche die dauerhafte Erhaltung eines Milieus sichern soll. Die Aufteilungsverordnung ist dagegen zwar zunächst auf fünf Jahre ausgelegt. Allerdings ist eine Verlängerung um weitere fünf Jahre möglich und die weitere langfristige Entwicklung kaum prognostizierbar.

Für eine Aufteilung werden drei Dokumente benötigt: Eine Teilungserklärung, eine Gemeinschaftsordnung und eine Abgeschlossenheitsbescheinigung. Mit der Teilungserklärung, die bei jedem Notar beurkundet werden kann, wird dem Grundbuchamt mitgeteilt, dass eine Immobilie in Wohnungseigentum aufgeteilt werden soll.

Die so genannte Abgeschlossenheitsbescheinigung wird vom Bezirksamt ausgestellt und bestätigt, dass es sich bei den einzelnen Einheiten um in sich abgeschlossenen Wohnraum handelt. Das Problem dabei: Die Ämter benötigen für die Erteilung dieser Erklärung derzeit sechs bis neun Monate. Das ist viel Zeit angesichts der Diskussionen um eine Ausweitung des Milieuschutzes.

Das dritte Dokument, die Gemeinschaftsordnung, ist nicht zwingend erforderlich, gilt aber als „best practice“ bei einer vorsorglichen Aufteilung. Die Gemeinschaftsordnung regelt das Miteinander der Eigentümer. Solange aber noch alle Wohnungen in der Hand eines Eigentümers sind, ist ihre Existenz eher pro forma.

Die Beurkundungskosten beim Notar belaufen sich für das oben genannte Beispielsobjekt mit einem Volumen von rund 4,5 Millionen Euro auf rund 3.500 Euro. Hinzu kommen die Gebühren des Grundbuchamtes und die Kosten der Teilungserklärung. In Summe sollten die Kosten 10.000 Euro nicht überschreiten. Angesichts des potenziell höheren Verkaufserlöses – im obigen Beispiel rund 500.000 Euro mehr als beim Globalverkauf – sind diese Kosten sehr moderat.

Berlin als Vorreiter

In allen Berliner Innenstadtlagen sollten Immobilieneigentümer über eine vorsorgliche Aufteilung nachdenken. Auch jenseits von Berlin sollte die Wohnungsmarktregulierung in Bezug auf Aufteilungen zumindest aufmerksam verfolgt werden. Das Aufteilungsverbot existiert bislang nur in Berlin, allerdings zeigt ein Blick auf andere Regulierungsmaßnahmen, dass erfolgreich eingeführte Regeln von anderen Gemeinden oder Bundesländern gerne übernommen werden.

Beispiele sind die Mietpreisbremse und die Grunderwerbsteuer, aber auch das Aufteilungsverbot selbst. Ein solches Verbot hatte es bis vor rund zehn Jahren in Hamburg gegeben. Betroffen könnten vor allem ostdeutsche Großstädte sein, denn dort existieren noch „schutzwürdige Milieus“, und die Mieten steigen derzeit sehr stark. Beispiele sind Leipzig, Dresden, Halle oder Erfurt. Im Westen ist die Gentrifizierung in den meisten Städten schon zu weit fortgeschritten beziehungsweise abgeschlossen, sodass eine Übertragung dorthin eher unwahrscheinlich erscheint. 


Über den Autor:
Uwe Bottermann, Rechtsanwalt und Partner bei der Berliner Kanzlei Bottermann Khorrami, berät Mandanten bei allen immobilien- und wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen mit und ohne Auslandsbezug. Besonderer Schwerpunkt ist das juristische Projektmanagement. Er war für mehrere mittelständischen Kanzleien im Bau- und Immobilienrecht tätig und arbeitete vor der Gründung von Bottermann Khorrammi für das Berliner Büro von Clifford Chance.

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