M&A-Lösung mit Tücken Warum Earn-Out-Klauseln oftmals zu Streitereien führen

Frank Koch ist Partner der internationalen Wirtschaftssozietät Taylor Wessing

Frank Koch ist Partner der internationalen Wirtschaftssozietät Taylor Wessing

„Streit um Earn-Out-Klauseln: M&A-Deal in den USA bringt Ärger für Balda“ konnte man Anfang des Jahres lesen. Was war passiert? Der Kunststoffproduzent Balda kaufte in den USA zwei Unternehmen und vereinbarte neben einem festen Kaufpreis einen sogenannten Earn-Out. Ein Earn-Out ist eine nachträgliche Kaufpreiserhöhung, die von der Erfüllung vorher vereinbarter künftiger wirtschaftlicher Parameter der Zielgesellschaft abhängt.

Die Verkäufer werfen Balda vor, durch gewisse Handlungen das Erreichen dieser Parameter negativ beeinträchtigt zu haben. Nun klagen die Verkäufer in den USA auf Schadensersatz und verlangen zusätzlich die in den USA üblichen „punitive damages“, zusätzliche Strafzahlungen.

Earn-Out als letzter Kompromiss

Da Earn-Out-Klauseln sich auch zunehmender Beliebtheit in deutschen   Unternehmenskaufverträgen erfreuen, lohnt sich die Frage, was im Falle Balda schiefgehen konnte.

Auf erstes Besehen erscheint die Vereinbarung eines Earn-Outs eine sehr vernünftige Regelung: Die Parteien eines Unternehmenskaufvertrages können sich nicht auf einen Preis verständigen. Der Verkäufer hält sein Unternehmen für eine Perle, die in der Zukunft große Erträge abwerfen wird, der Käufer ist hinsichtlich der künftigen Wertentwicklung skeptischer.

Ehe der Deal ganz scheitert, einigen sich die Parteien auf einen Basiskaufpreis und eben auf einen Earn-Out: Sollte das Unternehmen in der Zukunft tatsächlich den vom Verkäufer angenommenen wirtschaftlichen Erfolg haben, so erhält er einen entsprechen Nachschlag.

Sollte sich dagegen die pessimistischere Annahme des Käufers bewahrheiten, bleibt es beim Basiskaufpreis. Als Bezugsgröße für einen Earn-Out kommen alle wirtschaftlich relevanten Kennzahlen in Betracht: Ebit, Umsatz, Verkaufszahlen eines einzelnen Produktes; der Fantasie der Parteien sind hier keine Grenzen gesetzt.

Worüber so viel gestritten wird

Obwohl diese Regelung in der Theorie einen fairen Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Parteien darstellt, gibt es nur wenige Earn-Out-Klauseln in der Praxis, die im Nachhinein nicht zu Streitigkeiten führen. Böse Zungen behaupten sogar, dass die Earn-Out-Klausel eine Erfindung der Anwälte zur Arbeitsbeschaffung sei. Nicht zuletzt, weil die Kosten für Anwälte, Gerichte und Sachverständige sogar den letztlich eingeforderten Earn-Out-Betrag übersteigen können.

Wieso ist das so? Zunächst sollten wir betrachten, worüber die Parteien typischerweise streiten.

Eine Quelle gerichtlicher Auseinandersetzungen ist die Frage, ob sich der Käufer bei der Ermittlung der dem Earn-Out zugrunde liegenden finanziellen Eckdaten an die vereinbarten bilanziellen oder technischen Standards gehalten hat. Hier werden neben den Gerichten häufig Sachverständige hinzuzuziehen sein, was den Prozess verlängert und verteuert.

Häufiger und noch deutlich aufwändiger sind aber Streitigkeiten, in denen der Verkäufer wie im Fall Balda dem Käufer vorwirft, das Erreichen der Earn-Out-Parameter treuwidrig verhindert zu haben. Sei es, dass dem Käufer vorgeworfen wird, bewusst Kosten in der Earn-Out-Periode produziert zu haben oder dass Aufträge auf Töchterunternehmen ausgelagert oder ein wesentliches Produkt nicht oder erst nach Ablaufen der Earn-Out-Periode vermarktet wird.

Diese Streitigkeiten können nur erfolgreich vom Verkäufer geführt werden, wenn er beweisen kann, dass der Käufer nicht im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens gehandelt, sondern treuwidrig den Eintritt des Earn-Outs verhindert hat. Da der Verkäufer nach der Veräußerung regelmäßig keine Kontrolle mehr über das Zielunternehmen und keinen Zugriff auf interne Unterlagen hat, beginnen hier schon seine Beweisprobleme.

Außerdem muss der Verkäufer nachweisen, in welcher Höhe der Earn-Out bei pflichtgemäßem Handeln des Käufers angefallen wäre. Diese fiktive Berechnung dem Gericht plausibel darzulegen fällt häufig schwer. Daran ändern auch die zahlreichen Möglichkeiten einer vorausschauenden Vertragsgestaltung nichts, die darauf abzielen, für die Dauer der Earn-Out-Periode das Handeln des Käufers zu bestimmen oder die Möglichkeiten der Einflussnahme für den Verkäufer zu erhöhen.