Anlagevorgaben für Stiftungen Der Wille des Stifters

Florian Brem

Florian Brem

Für eine Stiftung sind die Erhaltung des Stiftungsvermögens sowie die Erlangung daraus generierter Erträge von zentraler Bedeutung. Es gibt jedoch keine eindeutigen gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Anforderungen an die Asset Allokation einer Stiftung. Gleichwohl gibt es diesbezüglich rechtliche Vorgaben, an die sich die für Anlage und Verwaltung des Stiftungsvermögens verantwortlichen Personen zu halten haben. Angesichts der derzeitigen extremen Niedrigzinsphase, in der konservative Anlagen nicht einmal einen Inflationsausgleich bieten und daher ertrags- und risikoreichere Anlagen erforderlich sind, sind diese Vorgaben relevanter denn je.

Die auf rechtsfähige Stiftungen anwendbaren Bundes- und Landesgesetze sowie die staatliche Stiftungsaufsicht geben keine spezifischen Vorgaben hinsichtlich der Asset Allokation. Vielmehr besteht lediglich die gesetzliche Verpflichtung, das Vermögen sicher und „ertragsbringend“ bzw. „wirtschaftlich“ anzulegen. Dies gewährt den Stiftungsorganen einen Ermessensspielraum, der aufgrund des Spannungsverhältnisses zwischen Ertrag und Sicherheit naturgemäß zu einem Zielkonflikt und damit rechtlicher Unsicherheit führt. Dies ist umso erheblicher, als den handelnden Organen bei Fehlverhalten sowohl aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Stiftungsaufsicht als auch die haftungsrechtliche Inanspruchnahme durch die Stiftung oder die Stiftungsaufsichtsbehörde drohen.

Diese offenen und unklaren gesetzlichen Vorgaben an die Anlagestrategie werden jedoch durch die Rechtsprechung und von Stiftungsverbandsregelungen teilweise konkretisiert. Auch der in der Stiftungssatzung manifestierte Wille des Stifters kann für die Bestimmung der Anlagestrategie maßgeblich sein. Allerdings enthält die Stiftungssatzung selten ausdrückliche Hinweise. Im Rahmen des daraus resultierenden Ermessens braucht der Stiftungszweck bei der Anlageentscheidung grundsätzlich nicht berücksichtigt zu werden, es sei denn, die Anlage steht dazu im deutlichen Widerspruch.

Grundsätzlich stehen Stiftungen alle denkbaren Anlageformen offen. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, das Stiftungsvermögen in Immobilien, Aktien, Renten sowie den jeweiligen Fondsgestaltungen (offene und geschlossene Immobilienfonds, Aktien- und/oder Rentenfonds) sowie Derivaten (Optionsscheine) und schließlich in komplexeren, alternativen Anlageformen wie Hedge-Fonds zu investieren, sofern dadurch das Ziel – die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks – so gut wie möglich gefördert wird.

Ein sinnvolles Instrument zur Konkretisierung der Anlagestrategie kann die Erstellung von Anlagerichtlinien sein. Diese sind ein zusätzliches Regelwerk zur Stiftungssatzung, das die Ziele und Grundsätze sowie die Durchführung und Überwachung der Vermögensanlage festlegen und deren Geltung auch für etwaige externe Assetmanager vereinbart werden kann.

Die Anlagerichtlinien werden vom Stifter oder vom Stiftungsvorstand (auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Satzung als Ausfluss seiner Kompetenz als oberstes Organ) aufgestellt. Zugleich stellen sie ein Tool einer „Compliance-gerechten“ Anlage dar, die im Haftungsfall zudem auch als Exkulpationsnachweis der Verantwortlichen dienen können. Dabei erleichtern klar definierte sinnvolle Vorgaben das Kapitalanlagemanagement und sichern ein zielorientiertes und zweckentsprechendes Vorgehen. Gleichzeitig sollten diese Vorgaben jedoch nicht zu eng gefasst werden, um den Entscheidungsspielraum der Verantwortlichen nicht zu sehr einzuengen und der Stiftung die erforderliche Flexibilität zu erhalten.

Maßgebliche Kriterien und deren Gewichtung

Ergänzend zu den gesetzlichen Regelungen und etwaigen konkretisierenden Vorgaben im Regelwerk der Stiftung hat auch insbesondere die Schweizer Rechtsprechung Grundsätze hinsichtlich der Asset Allokation von Stiftungen entwickelt. So hat sie den vagen gesetzlichen Rahmen dahingehend konkretisiert, dass, soweit von der Stiftung aufgestellte Anlagevorschriften fehlen, die Grundsätze der Sicherheit, der Risikoverteilung, der Rendite, der Liquidität und der Substanzerhaltung zu beachten sind.

Hinsichtlich des Kriteriums der Sicherheit besteht grundsätzlich ein Spielraum zwischen Mündelsicherheit und reiner Spekulation, wobei sowohl das eine als auch das andere Extrem unzulässig sind und ggf. das Einschreiten der Stiftungsaufsicht begründen. Eine mündelsichere Anlage birgt zwar i.d.R. kein Verlustrisiko, jedoch besteht dabei aufgrund des damit verbundenen Inflationsrisikos eine zu vermeidende Gefährdung des Vermögensstocks. Sicherheit ist also meist nicht das Hauptziel der Vermögensanlage, sondern lediglich eine Nebenbedingung.

Im Hinblick auf die Diversifikation ist darauf zu achten, dass das Vermögen in mehreren Asset-Klassen wie beispielsweise Aktien, Immobilien und Wertpapiere verteilt wird. Ebenso muss das Anlageportfolio auf möglichst viele Schuldner verteilt werden. Bezüglich der Rentabilität ist eine angemessene Höhe wiederum gesetzlich nicht ausdrücklich festgelegt. Es finden sich jedoch in Rechtsprechung und Aufsichtspraxis dafür Anhaltspunkte, dass 2 bis 5 % als Zinsfuß für unterschiedliche Kapitalanlagen angemessen sind.

Hinsichtlich der Liquidität soll die Stiftung jederzeit in angemessener Frist über ausreichend Bargeld verfügen, um den Stiftungszweck zu verfolgen. In diesem Zusammenhang sind längerfristige Anlagen rechtlich zulässig, wenn sie nicht kurzfristig gebraucht und an einem liquiden Markt gehandelt werden.

Auch stiftungsspezifisch häufig bedeutsame ethische, soziale oder ökologische Kriterien sind zulässig, sofern kein anderes Kriterium außer Acht gelassen wird und die Entscheidung für eine bestimmte Vermögensanlage nicht nur auf sachfremden Kriterien beruht.

Die Gewichtung der einzelnen Kriterien steht grundsätzlich wiederum im Ermessen des Stiftungsvorstands, jedoch gibt die Zweckerreichung der individuellen Stiftung als maßgeblicher Maßstab diese vor. Priorität genießt nach der Rechtsprechung dabei grundsätzlich die Sicherheit, wobei ein gewisses Anlagerisiko tragbar und zumutbar ist. Die Stiftungsaufsichtsbehörden hingegen achten bei ihrer Überprüfung der Jahresabrechnung vor allem auf Diversifikation.

Fazit:

Abschließend ist festzuhalten, dass die Einführung von Anlagerichtlinien sowie von Kontrollstrukturen und -mechanismen das Haftungsrisiko der handelnden Verantwortlichen einschließlich eingeschalteter Asset-Manager erheblich reduzieren kann. Diese Richtlinien sollten ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Konkretisierung und gleichzeitiger Wahrung der erforderlichen Flexibilität der Anlageentscheidung haben.

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