EY-Erfahrungswerte Was ein Family Office heutzutage leisten muss

Peter Brock ist Leiter Family Office Services der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Peter Brock ist Leiter Family Office Services der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Der deutsche Family-Office-Markt wächst und wächst. Zunehmend mehr vermögende Privatkunden und Unternehmerfamilien verlassen den tradierten Pfad der Vermögensverwaltung. Sie erkennen die Notwendigkeit, maßgeschneiderte Lösungen für ihr Vermögen zu entwickeln, die den verschiedenen Komponenten beim Werterhalt und der Weitergabe des Vermögens an die Nachkommen Rechnung tragen.

Doch wie findet ein Vermögensinhaber den für sich passenden Finanzpartner in einem völlig heterogenen und intransparenten Markt? Da der Begriff „Family Office“ bis heute nicht geschützt ist, herrschen immer wieder unterschiedliche Ansichten darüber, was ein Family Office ist, was es leisten muss und darf.

Mehr als nur ein Vermögensberater

Veraltet ist die Annahme, der Kunde suche in seinem Family Officer einzig einen Vermögensberater. Vielmehr erwartet er Vertraulichkeit, Unabhängigkeit, Neutralität und Flexibilität bei allen Themen rund um das ganzheitliche Familienvermögen. Aber welche Dienstleistungen nehmen Unternehmerfamilien vorrangig in Anspruch? Wo haben Sie sowohl auf der finanziellen als auch auf der nicht-finanziellen Ebene Bedarf?

Seit mehreren Jahren berät EY mit seinem Beratungsangebot „Family Office Services“ weltweit Unternehmerfamilien beim Aufbau des eigenen Single Family Office und betreut bereits bestehende Familienbüros in zahlreichen Fragen rund um das Familienvermögen.

In unseren Gesprächen mit weltweit führenden Single Family Offices zu deren Organisationsstruktur und Dienstleistungspalette kristallisierten sich bestimmte vorherrschende Verfahrensweisen heraus, die sich in vier große Servicebereiche gliedern lassen: Finanzplanung, Strategie, Governance und Beratung.

Alle diese Bereiche setzen sich wiederum jeweils aus drei Beratungsfeldern zusammen, auf die im Folgenden eingegangen wird. Bemerkenswert dabei ist die Erkenntnis, dass die finanziellen und die nicht-finanziellen Ziele in ihrer Bedeutung für die Familie gleichauf liegen. Der Mehrwert des Family Office besteht demnach in seinem interdisziplinären Ansatz, der es ermöglicht, die Familie in allen strategischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, steuerlichen und persönlichen Fragen zu beraten.

Finanzplanung im Fokus

Eine Kernaufgabe des Family Office besteht in der ganzheitlichen, strategischen und operativen Vermögenssteuerung. Die Entwicklung einer alle Asset-Klassen umfassenden Anlagestrategie und deren Richtlinien sowie die Etablierung eines Investmentkomitees sind vonnöten. Letzteres steuert und kontrolliert die einzelnen Investitionen und erstellt periodische Analysen der Struktur und Wertentwicklung sämtlicher Vermögenswerte.

Eine zunehmend zentrale Rolle nimmt zudem das Thema Philanthropie ein. Wirkungsorientiertes Investieren ist längst kein Randthema mehr, und so fordern Unternehmerfamilien die proaktive Beratung in diesem Bereich durch ihr Family Office, wie die kürzlich erschienene Studie zum Thema „Impact investing“ der Bertelsmann Stiftung und die Broschüre „Global Giving“ von EY bestätigen.

Neben der Einrichtung von Trusts und Stiftungen umfasst dieser Bereich auch Investitionen in wirkungsorientierte Organisationen oder Fonds mit der gezielten Absicht, die soziale beziehungsweise ökologische Wirkung sowie eine positive finanzielle Rendite zu erzielen. Diese Investitionen müssen wie alle Investments vom Family Officer evaluiert und geprüft werden.

Darüber hinaus sehen die befragten Unternehmerfamilien das Life-Management und Budgeting als Aufgabengebiet ihres Family Office an. Hierzu gehört neben Lebenshaltungskostenplanungen auch der Service eines Privatsekretariats (etwa Personalbuchhaltung oder Versicherungsmanagement).