Recht ohne Durchsetzungsmöglichkeit
Ein Problem, dessen sich Nutzer solcher Plattformen bewusst sein sollten, ist die Einklagbarkeit von Ansprüchen. Während das Immobilien- und das Wertpapierrecht zumindest in den entwickelten Ländern Westeuropas und Nordamerikas seit Langem erprobt ist, gilt das im Fall von Crowd-Funding- und Token-Lösungen bislang nicht. Bei Tokens spricht man häufig von einem „Right without a Claim“: Die via Blockchain-Technologie verbrieften Eigentumsrechte lassen sich zwar zuverlässig nachweisen, damit verbundene Ansprüche im Problemfall aber kaum einklagen.
Ein weiteres Thema ist die Liquidität. Crowdfunding-Anteile und Tokens sind keine Wertpapiere, die man im Bedarfsfall schnell und einfach verkaufen kann. Sekundärmärkte für diese Instrumente sind erst im Entstehen, und da die Produkte nicht standardisiert sind, ist die Liquidität meist gering.
Abhilfe schaffen neue Instrumente, die das Eigentumsrecht an einem Immobilienanteil in Form eines standardisierten Wertpapiers verbriefen. Mit dem Zeichnungskapital zahlreicher Anleger erwirbt die Plattformgesellschaft Immobilien, als deren Eigentümerin eine spezifische Verbriefungsgesellschaft ins Grundbuch eingetragen wird. Diese schafft für jede einzelne Immobilie ein sogenanntes Compartment, das sie im möglichen Insolvenzfall der Gesellschaft vor dem Zugriff Dritter schützt, ähnlich dem Sondervermögen eines Investmentfonds. Ein wichtiger Unterschied aber besteht darin, dass die Compartments die einzelne Immobilie auch von möglichen Schwierigkeiten bei anderen Objekten unter dem gemeinsamen Dach abschirmt.
Das traditionelle System bietet Sicherheit
Das einzelne Compartment begibt sodann Wertpapiere, sogenannte Relincs (Real Estate Linked Certificates), mit deren Erwerb sich Anleger an einzelnen Immobilien beteiligen können. Der Vorteil dieser Fraktionierungsmethode, die beim Eigentums- und Übertragungsnachweis ohne Blockchain-Technologie auskommt: Der Investor hält ein Wertpapier mit internationaler Wertpapierkennnummer, das technisch problemlos handelbar ist und welches er innerhalb seines gewohnten Depots verwaltet. Das Investment bleibt im traditionellen Banken- und Finanzsystem, das ein hohes Maß an Rechtssicherheit bietet.
Die beschriebenen Fraktionierungsinstrumente zeigen eines deutlich: Der Markt für Immobilien-Investments ist auf dem Weg zur Demokratisierung. Diversifizierte Real-Estate-Strategien sind nicht mehr nur sehr großen Vermögen vorbehalten, und in nicht allzu ferner Zukunft dürften auch Privatanleger Immobilienanteile wie Aktien handeln. Jedoch sollten sie die Funktionsweise der unterschiedlichen Instrumente verstehen und ihre spezifischen Chancen und Risiken kennen.
Über den Autor:
Matthias Oetken ist Chef und Mitgründer des Berliner Proptechs Estating.