Zweistellige Renditen bei notleidende Krediten „Die Entschuldung der Banken befindet sich in einem Frühstadium“

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Frühes Stadium trotz 1.000 Prozent

Veräußerungen von notleidenden Krediten und nicht zum Kerngeschäft gehörenden Anlagen haben in Europa längst Rekordhöhen erreicht. Das belegen die Zahlen der vergangenen Jahre eindrucksvoll. Seit 2013 wurden Transkationen im Wert von 300 Milliarden Euro abgeschlossen, und für das Jahr 2016 erwarten Experten ein mit 2015 vergleichbares Transaktionsvolumen (PWC Portfolio Advisory Group; „Market Update Q5 2015“).

Laut PWC haben diese Veräußerungen von 2010 bis 2015 um mehr als 1.000 Prozent zugenommen. Ende 2015 haben sich trotz dieser Entwicklung immer noch nicht zum Kerngeschäft gehörende Aktiva im Wert von etwa 1,9 Billionen Euro in den Bilanzen europäischer Banken befunden.

Auch wenn die Banken also bemüht sind, sich von bestimmten Teilen ihres Kreditportfolios zu trennen, befindet sich dieser Entschuldungsprozess noch in einem frühen Stadium. Auch wenn die Situation von Land zu Land variiert, müssen viele europäische Banken noch an der Bereinigung ihres Kreditportfolios arbeiten.

Das umfassende Volumen von Anbietern, die nicht gewinnmaximierend vorgehen, bietet im Zusammenhang mit dem allgemein schwachen Wachstumsumfeld gute Möglichkeiten, Kreditportfolios mit einem deutlichen Preisabschlag zu erwerben.

Diese Möglichkeiten haben dazu geführt, dass sich derzeit einige Investoren von Distressed Assets verstärkt auf notleidende Kredite und nicht zum Kerngeschäft gehörende Anlagen im Euroraum fokussieren.

(Noch) normale Bewertungen

Der Wettbewerb in diesem Segment hat sich also sicher verschärft. In einer Welt, in der Renditen von über 10 Prozent sehr selten sind, ist es nachvollziehbar, dass Investments mit Aussicht auf zweistellige Renditen als äußerst attraktiv angesehen werden – insbesondere im Zusammenhang mit der gestiegenen Volatilität an den Kapitalmärkten. Da eine sehr hohe Anzahl nicht zum Kerngeschäft gehörender Anlagen und notleidender Kredite auf den Markt kommen werden, bleiben die Bewertungen attraktiv.

Zusätzlich zum attraktiven Chancen-Risiko-Verhältnis sollte hervorgehoben werden, dass die künftige Entwicklung des Zinsumfeldes keinen wesentlichen Einfluss auf diese Portfolios haben sollte. Bei dieser Strategie wird der Großteil der Rendite durch die Wertsteigerung des Portfolios und nicht durch Zinsen erzielt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei Investments auch über den klassischen Anlagehorizont hinaus investiert werden sollte, und Anleger nicht nur langfristige Trends, sondern auch kurzfristige Martkchancen berücksichtigen sollten.


Über den Autor:
Antoine des Noyers ist Leiter Alternative Investments bei J.P. Morgan Private Bank in Europa. Er berät Privatkunden in Europa und dem Nahen Osten zu Hedgefonds, Private Equity und Immobilienportfolios. Vor seinem Wechsel zu J.P. Morgan im Jahre 2010 arbeitet er als Aktienanalyst auf der Buyside für Häuser wie Credit Suisse Asset Management, DNCA Finance und Aberdeen Asset Management.

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