Zurück zur Zinsnormalität „Eine Zinserhöhung in Großbritannien steht nichts mehr im Wege“

Alessandro Bee, Ökonom bei der Bank Safra J. Sarasin

Alessandro Bee, Ökonom bei der Bank Safra J. Sarasin

Euroland findet einfach keinen Ausweg aus der Schuldenkrise. Auch sechs Jahre nach Beginn der großen Finanzkrise ist noch kein Ende der Probleme abzusehen. Im Gegenteil: Italiens Arbeitslosenrate ist im Oktober auf ein Rekordhoch von 13,2 Prozent gestiegen.

Rückkehr des privaten Konsums

Dass es auch anders geht, zeigen die USA, wo sich die Arbeitslosenrate von 10 Prozent im 2010 auf nunmehr 5,8 Prozent im Oktober reduziert hat. Aber auch ein Blick über den Ärmelkanal vermittelt ein freundliches Bild. Großbritannien ist ein gutes Beispiel für eine Volkswirtschaft, in der eine Rezession mit einer Entschuldung der Privathaushalte zusammengefallen ist.

Der Konsum expandierte zwischen 1998 und 2007 mit 3,6 Prozent. Nach einer scharfen Kontraktion während der großen Rezession erholte sich der Konsum in den Jahren 2010 bis 2012 mit einem jährlichen Zuwachs von 0,5 Prozent nur schwach – Grund war der Abbau der Verschuldung von 155 Prozent des Einkommens auf 140 Prozent.

Inzwischen hat sich das Verschuldungsniveau jedoch stabilisiert. Seit 2013 hat auch der Konsum wieder Fuß gefasst und wächst mit einer Rate von 2 Prozent. Tiefe Hypothekarzinsen, eine Zunahme der Beschäftigung und ein Rückgang der Sparquote sollten diesen Trend auch in der Zukunft unterstützen.

Zurück zur Normalauslastung

Das starke Wachstum der Wirtschaft hat die Unterauslastung sowohl im Arbeitsmarkt als auch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene wesentlich reduziert. Die Bank of England (BoE) schätzt die Unterauslastung noch auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts. Die Arbeitslosenrate ist mittlerweile von über 8 Prozent auf 6 Prozent gefallen. Setzt sich der Abbau der Arbeitslosigkeit mit dem heutigen Tempo fort, so sollte bereits im Frühjahr 2015 das mittelfristige Ziel der BoE für die Arbeitslosenrate von 5,5 Prozent unterschritten werden. Die Wirtschaft wird im Verlauf der nächsten zwei Jahre wieder zu ihrer Normalauslastung finden.

Zinserhöhung voraus

Der erfreuliche Wirtschaftsausblick wird durch zwei Risiken getrübt: Die Gefahr einer Rezession in Euroland und durch die politische Unsicherheit in Großbritannien.  Eine Rezession in Euroland würde den Export belasten und über eine Aufwertung des Pfundes die Inflation weiter unter Druck bringen.

Der rasante Aufstieg der Rechtspartei UKIP schürt die Gefahr, dass aus den im Frühjahr stattfindenden Parlamentswahlen keine stabile Regierung hervorgeht. Wesentlich gefährlicher ist die von Premierminister David Cameron in Aussicht gestellte Volksbefragung über den Verbleib in der EU. Das Damoklesschwert eines Austritts kann das Investitionsklima in Großbritannien wesentlich belasten.

Einem ersten Zinsschritt durch die Bank of England steht eigentlich nichts mehr im Wege. Allerdings dürfte diese zuerst die Wahlen im Frühjahr abwarten und die Entwicklung der Euroland-Wirtschaft genau beobachten. Kann Euroland eine Rezession tatsächlich vermeiden, so scheint das dritte Quartal des nächsten Jahres kein schlechter Zeitpunkt, um einen ersten Zinsschritt zu wagen.

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