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Zunehmende Bedeutung China öffnet Investoren erstmalig heimischen Anleihemarkt

Marcin Adamczyk ist Portfoliomanager von EMD-Strategien bei NN Investment Partners

Marcin Adamczyk ist Portfoliomanager von EMD-Strategien bei NN Investment Partners

Die Öffnung des heimischen Anleihemarktes für ausländische Investoren ist ein weiterer Meilenstein in der Liberalisierung von Chinas Kapitalbilanz. Dies geschieht zu einer Zeit, da die Anleger stärker als je zuvor Chinas Wirtschaftspolitik im Blick haben. Grund: Erstens ist die Welt auf China als Wachstumsmotor angewiesen. Zweitens wächst Chinas Bedeutung für die globalen Finanzmärkte.

Zunächst ein Rückblick: Im August 2015 entschieden die Behörden der Volksrepublik, das Wechselkurs-Regime zu ändern und den Renminbi abzuwerten. Das hat das Vertrauen der Investoren geschwächt. Kapitalabfluss war die Folge.

Wenige Monate nach diesen unerwarteten Schritten änderte China sein Währungsmanagement. Anstatt am US-Dollar orientiert man sich jetzt an einem Währungskorb. Das geschah im Nachgang der Aufnahme des Renminbi in den Korb der Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Die Anlegerschaft interpretierte die Abwertung jedoch als Eintritt in einen Währungskrieg und stieß den Renminbi zunächst ab. In der Folge schwächelte die chinesische Währung. Doch bereits Mitte Januar war – früher als erwartet – die Talsohle erreicht und es folgte eine Trendwende.

Fester Wille zum Wachstum

In erster Linie will China sein Wirtschaftswachstum stabilisieren. So setzte sich die chinesische Regierung bereits 2012 das Ziel, das Bruttoinlandsprodukt und das Pro-Kopf-Einkommen von 2010 bis 2020 zu verdoppeln. Im letztjährigen Fünf-Jahres-Plan wurde dies bestätigt. Dafür müsste China in den nächsten Jahren jedoch ein jährliches Wirtschaftswachstum von mindestens 6,5 Prozent umsetzen.

Die politische Entschlossenheit, dieses Ziel zu erreichen, ist indes sehr ausgeprägt. So verfolgen die politischen Instanzen bereits eine lockere Geldpolitik, die eine Kreditwachstumsrate von knapp 20 Prozent impliziert.

Auch die Fiskalpolitik ist recht entgegenkommend – das zeigt sich bereits an den Wirtschaftsdaten. Nachdem die Infrastrukturausgaben zu Jahresbeginn in die Höhe schnellten, stiegen auch Stromerzeugung und Industriegewinne rapide. Gleichzeitig haben sich die Häuserpreise dramatisch erholt, in einigen Großstädten möglicherweise sogar exzessiv. Entsprechend werden wieder mehr Eigenheime gebaut.

Gefahr durch Überkapazitäten und Schulden

Fragt sich nur, ob die Instanzen auch genug Zeit haben, um die dringend notwendigen Reformen auf der Angebotsseite umzusetzen. Die größten Strukturprobleme in China sind Überkapazitäten und übermäßige Verschuldung. Die Überkapazitäten konzentrieren sich im Wesentlichen auf die traditionellen Industriesektoren wie Kohle, Strom, Stahl und Textilien.

Überkapazitäten sind mit vielfachen Problemen verbunden, wie beispielsweise anhaltendem Deflationsdruck, rückläufiger Profitabilität und steigenden Verlusten, vor allem bei Staatsunternehmen. Um das Problem der Überkapazitäten zu lösen, sind Reformen auf der Angebotsseite sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Produktivität geboten.

Eng verbunden mit dem Problem der Überkapazitäten ist die steigende Verschuldung und somit das Risiko einer potenziellen Schuldenkrise. Ende 2007 beliefen sich die Privatkredite auf 4,2 Billionen US-Dollar, 2015 lagen sie bei fast 20,0 Billionen US-Dollar. Und Chinas Unternehmenssektor ist mit über 130 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal 2015 einer der am stärksten verschuldeten Staaten der Welt.

China muss diese Strukturprobleme dringend angehen, da sie seine Wirtschaft belasten. Doch: Wenn Wachstum auf dem Spiel steht, wird die Umsetzung von Reformen – die für gewöhnlich kurzfristige Einbußen mit sich bringen – oft als weniger dringlich wahrgenommen.