Zunehmend in Konkurrenz mit Master-KVGen Der neue Typus der Verwahrstelle

Die Digitalisierung hat den Wertpapierhandel revolutioiert. Spielte sich das Kerngeschäft der Verwahrstellen früher im Verborgenen ab, treten sie heute als Datenmanager und Berater in den Vordergrund und unterstützen institutionelle Investoren zum Beispiel im Risikomanagement.

Die Digitalisierung hat den Wertpapierhandel revolutioiert. Spielte sich das Kerngeschäft der Verwahrstellen früher im Verborgenen ab, treten sie heute als Datenmanager und Berater in den Vordergrund und unterstützen institutionelle Investoren zum Beispiel im Risikomanagement. Foto: Vecteezy.com

Was darf weg, was kann bleiben? Das fragen sich derzeit viele, die wegen der Corona-Pandemie nicht in den Urlaub fahren und sich zu Hause langweilen. Mancher nutzt die so geschenkte Zeit zum Aufräumen von Dachboden, Keller und Garage. Was darf weg, was kann bleiben? Das fragen sich auch institutionelle Anleger. Ihr Tagesgeschäft wird bestimmt von der Suche nach Rendite, Kostendruck und dem wachsenden Kapitalstock, was wiederum in Anlagedruck mündet.

„Vor allem kommunale und kirchliche Versorgungseinrichtungen haben seit einigen Jahren mehr Geld zur Verfügung“, beobachtet Manfred Mönch von der Gesellschaft für Analyse und Consulting (GAC). Denn viele Arbeitgeber gehen vermehrt dazu über, Versorgungsversprechen, die sie ihren Angestellten gegeben haben, mit Hilfe von Kapitalanlagen zu finanzieren. Berufsständische Versorgungswerke wachsen nach Angaben Mönchs geradezu dynamisch. 

Kleine Teams betreuen Milliarden 

Laut GAC ist das Vermögen der 91 Versorgungswerke in den vergangenen zehn Jahren um 88 Prozent auf 220 Milliarden Euro gewachsen. Doch je größer der Anlagetopf, umso komplizierter wird die Sache. Viele kleinere und teilweise mittelständische Versorgungswerke und Stiftungen müssen ihre gesamte Vermögensallokation mit kleinen Teams steuern. Sie betreuen oft milliardenschwere Anlagen, aus deren Erträgen Renten gezahlt werden. Die Aufgabenfülle ist groß und verteilt sich nur auf wenige Schultern: Neben dem ständigen Abgleichen der Vermögensallokation mit den Begebenheiten am Kapitalmarkt und der zeitweisen Anpassung kümmern sich die Investment-Teams auch um die Auswahl der Manager, das interne Berichtswesen und letztlich das Controlling.

Aufgrund der Aufgabenvielfalt arbeiten viele mit mehreren Dienstleistern zusammen. Allen voran Investment- und Strategieberater, Anlageprofis bei Banken, Vermögensverwaltern und Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) und Master-KVGen. Aber auch Verwahrstellen, wie die für die Verwahrung der Anlagen zuständigen Depotbanken seit der Einführung des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) im Jahr 2013 offiziell heißen, sind Teil des Ganzen. Immer dann, wenn ein Publikums- oder Spezialfonds aufgelegt wird, kommt eine Verwahrstelle ins Spiel. Das ist in Deutschland gesetzlich so vorgeschrieben. 

Das Vier-Augen-Prinzip im Asset Management 

Bei der Aufgabenteilung gibt es rechtliche Trennlinien. Denn Aufgabe der Verwahrstelle ist es, die KVGen zu kontrollieren. Zum Beispiel bei der Bewertung der Vermögenswerte in den Fonds. „Das Vier-Augen-Prinzip, das dabei zum Tragen kommt, gibt es in anderen Ländern nicht. In England beispielsweise kümmert sich immer nur ein Unternehmen um die Wertpapiere“, erläutert Clemens Schuerhoff. Der Vorstand der Beratungsgesellschaft Kommalpha sieht das trotz der leicht höheren Gebühren positiv: „Anleger können sich darauf verlassen, dass alles mit rechten Dingen zugeht, dass die Vermögensgegenstände tatsächlich vorhanden sind und dass der Preis der Anteile stimmt.“ 

Die Verwahrstellenpflicht gilt jedoch nur für Fonds, nicht für Direktanlagen. Kauft beispielsweise ein Versorgungswerk eine neue Anleihe direkt beim Emittenten, benötigt es dafür keine Verwahrstelle. Hier reicht ein Depot bei einer depotführenden Bank. Doch die Direktanlage verliert an Bedeutung.