Zölle der US-Regierung Widerstand im Handelsstreit lohnt sich

Seite 2 / 2

Umso wichtiger ist es, dass China und die Europäische Union richtig reagieren. Aus der Vereinbarung zwischen Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker können wir einige Lehren ziehen. Die Wichtigste: Gegen Trumps Handelspolitik muss sich Europa wehren. Drei Gesichtspunkte haben offenbar den zumindest vorläufigen Sinneswandel der US-Handelskrieger ausgelöst: Erstens haben die Reaktionen der EU gegen die am 1. Juni in Kraft getretenen Stahl- und Aluminiumzölle der USA ihr Ziel nicht verfehlt. Über die Vergeltungsliste der EU mit Jeans, Whiskey und Motorrädern ist manchmal gelacht worden. Aber sie haben die öffentliche Debatte in den USA beeinflusst.

Zweitens leiden gerade US-Farmer unter Gegenschlägen Chinas und anderer Länder, die Trump vorab mit Strafzöllen belegt hatte. Dass der Preis für Sojabohnen in den USA seitdem um 20 Prozent gesunken ist, liegt nicht nur an Vergeltungszöllen einiger Länder auf Einfuhren aus den USA. Aber dass Trump sich genötigt sah, ein Hilfspaket für US-Farmer von 12 Milliarden Dollar vorzuschlagen, hat manchem Amerikaner die möglichen Kosten eines Handelskriegs vor Augen geführt.

Drittens hat selbst die US-Autoindustrie gegen mögliche US-Zölle auf die Einfuhr von Autos und Automobilteilen pro- testiert. Ebenso wie ihre internationale Konkurrenz haben US-Unternehmen weit verzweigte internationale Lieferketten aufgebaut. Wenn sie durch Zölle gezwungen werden, diese umzustellen, müssten sie viele Auslandsinvestitionen abschreiben. Das schadet ihrer Bilanz.

Für Trump wäre es typisch, erst einen Streit lautstark eskalieren zu lassen, um dann einen wie auch immer gearteten Deal abzuschließen. Nordkorea kann als Beispiel dienen. Wir werten deshalb den Schlagabtausch im August zwischen den USA und China als möglichen Auftakt zu ernsten Verhandlungen.

Darauf stützen wir unsere Prognosen für Konjunktur und Märkte. Auch wenn es wohl erst mal kein endgültiges Ergebnis geben dürfte, werden die USA und China noch vor den US-Kongresswahlen im November ernsthafte Verhandlungen beginnen. Mit nachlassenden Sorgen um den Welthandel kann sich die Stimmung der deutschen Unternehmen wieder aufhellen. Im Spätherbst kann sich das Wirtschaftswachstum in Deutschland und der Eurozone dann wieder etwas beleben mit einer Zuwachsrate von rund 2 Prozent: gut für die Aktienmärkte und den Euro. Doch sollte Trump fernab wirtschaftlicher Vernunft tatsächlich immer neue Handelsschranken verhängen, statt bisherige Drohungen als Verhandlungsmasse einzusetzen, könnten der Weltwirtschaft und den Märkten unruhige Zeiten bevorstehen.


Über den Autor:

Holger Schmieding ist Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Bevor er im Oktober 2010 zu Deutschlands ältester Privatbank wechselte, arbeitete er als Chefökonom Europa bei Merrill Lynch, der Bank of America und der Bank of America Merrill Lynch in London. Schmieding studierte Wirtschaftswissenschaften in München und London und promovierte an der Universität Kiel.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen