Daran lässt sich leicht erkennen, dass die Erfolge aus der ersten Phase beim Auf- und Ausbau des Private Banking die Messlatte höher gelegt haben. In der zweiten Phase, der Weiterentwicklung, muss das Ziel sein, sich zu behaupten und den Wettbewerb anzunehmen. Problematisch kann die vielerorts noch verbreitete Bestandskultur wirken. Sie kann zwar Wachstum hervorbringen, meist allerdings nicht zielgerichtet.
Bei der Betreuung der zugeordneten Kunden im Sinn einer regelmäßigen (Um-)Strukturierung der bereits im Haus vorhandenen Assets wird natürliches Wachstum – oder Teile davon – in dem Geschäftsfeld eher zufällig mitgenommen. Das Potenzial für zusätzliche Erlöse ist damit allerdings begrenzt. Denn: Angesichts zunehmender Regulatorik, die aktives Geschäft bremst, und seit der Finanzmarktkrise extrem zurückgegangenen Umschlagshäufigkeiten sind die Chancen auf mehr Umsatz bei denselben Kunden eher überschaubar. Potenziale für Erlössteigerungen liegen vielmehr darin, die Assets under Management (AuM) zu steigern und damit Bestandserträge auszubauen.
Um eine Verbesserung der Positionierung zu erreichen, müssen die Institute konsequent eine Wachstumskultur im Private Banking verankern. Dazu gehören die systematische Identifikation von Zielkunden, die Anpassung der Vertriebssteuerung und die Justierung der vertrieblichen Zielsysteme sowie die Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter bei der Kundenakquise.
Dass dieser Schwenk gelingen kann, zeigen eindrucksvolle Wachstumsraten von Häusern, die sich mit dieser Thematik intensiver beschäftigt haben. Hier gelingt nicht selten ein nachhaltiges Wachstum der AuM von mehr als 10 Prozent im Jahr.
Wachstum kann Schrumpfen bedeuten
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Quelle: Compentus
Wächst der Privat-Banking-Markt um 6 Prozent, ist bereits ein Wachstum des eigenen Instituts bei den Kundengeldern um 5 Prozent ein Schrumpfen. Wer Marktanteile hinzugewinnen will, muss mehr als 6 Prozent wachsen.
Positionierung im qualitativen Sinn
Beschäftigt man sich mit der zweiten Dimension der Positionierung, der Steigerung der wahrgenommen und/oder tatsächlichen Leistungsfähigkeit, geht es im Kern um die Frage, wie man sich Wettbewerbsvorteile im Private Banking verschaffen kann. Letztlich wird das Wachstum bei den AuM, der quantitativen Seite der Positionierung, nur nachhaltig zu erreichen sein, wenn es gelingt, vermögende Menschen davon zu überzeugen, einen größeren Teil ihrer Assets zum eigenen Institut zu verlagern. Es geht also um einen höheren Anteil am Share of Wallet des Kunden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Private Banking jeder Anbieter auf eine Strategie der Qualitätsführerschaft setzt. Damit sind Grundstrategie und wesentliche Leistungen ebenfalls gesetzt, aber eben auch austauschbar. Das macht eine zum Beispiel individuelle Betreuung und exklusive Angebote zu Hygienefaktoren, die längst zur Pflicht und nicht zur Kür gehören. Bei einer qualitativen Weiterentwicklung der Positionierung im Wettbewerb muss sich jede Bank – zusätzlich zu den allgemeinen Anforderungen an einen Qualitätsanbieter – fragen: In welchen Bereichen der Leistungserbringung wollen wir noch besser sein als unsere Wettbewerber? Stellt man Private-Banking-Anbietern die Frage „Was unterscheidet euch denn wirklich von Wettbewerbern?“ ist häufig nicht mehr zu hören als die bekannten Allgemeinplätze.
Um einen individuellen Mehrwert zu erzielen, lohnt es sich insbesondere aus Sicht von vermögenden Kunden zu hinterfragen, worauf diese eigentlich besonderen Wert legen. Sind diese Faktoren aus Kundensicht bekannt? Lässt sich daraus ableiten, worauf eingezahlt werden muss, um eine besondere Wahrnehmung beim Kunden im Sinn einer möglichen Wettbewerbsdifferenzierung zu erreichen? Genau darin liegt aber auch eine wesentliche Herausforderung. Denn die Aussage „Geld hat es gerne dunkel“ gilt nach wie vor.
Das heißt, Vermögende sind für Studien nicht leicht zu begeistern, und die tatsächlichen Erwartungen Vermögender sind nur wenig untersucht. Dennoch gibt es einige Analysen, die sich mit dieser Fragestellung auseinandersetzen. Fokussiert man die Kernaussagen dieser Studien, so lassen sich einige zentrale Kundenerwartungen Vermögender an Finanzdienstleister ableiten. Dazu gehören Themen wie die Service-Qualität, ein Best-Select-Ansatz, ein guter Track Record, Diskretion, die Reputation einer Bank, die Fähigkeit zur Komplexitätsreduktion und die Ganzheitlichkeit der Beratung.
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Um die Positionierung in Sinn der Leistungsfähigkeit weiter voranzutreiben, muss dann hinterfragt werden, in welchem Ausmaß die Kundenanforderungen tatsächlich erfüllt werden. Soll die Leistungspositionierung ausgebaut werden, muss dabei in zwei Stufen gedacht werden: die Erwartung zu erfüllen und zu übertreffen. Nur wer die Erwartung toppt, kann begeistern. Darin liegt das gesuchte Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb. Darüber wird die Re-Allokation von Kundengeldern zugunsten des eigenen Instituts möglich.
Zum Erlebnis gehört nicht nur die Leistung. Am Beispiel des Themas „Unter Gleichen“ lässt sich dies verdeutlichen: Bank und Kunde müssen zueinander passen – oder finden. Wenn Kunden ihre Lebenswelt wiedererkennen, stärkt dies die Kompetenzvermutung und die Vertrauensbasis. Das vielzitierte Bonmot von Geld als scheuem Reh lässt sich auch auf die Wohlhabenden selbst übertragen. Nur wer sich sicher fühlt, kann vertrauensvoll offen sein. Das können wir an uns selbst beobachten: Wie zurückhaltend sind wir, wenn wir uns fremd fühlen? Und: Wie öffnen wir uns, wenn wir in einem vertrauten Umfeld sind und uns unter Gleichgesinnten befinden?
Dieser Faktor spielt bei der Positionierung eine entscheidende Rolle. Sich optimal an den vermögenden Kunden auszurichten, ist deshalb eine wichtige Aufgabe für Banken. Dafür ist die Mitarbeiterentwicklung von großer Bedeutung. Wichtig ist es, als Gesprächspartner auf Augenhöhe zu erscheinen. Dazu gehört es, die Lebenswelten von Kunden zu kennen, darüber kommunizieren zu können und auch zu beherrschen, die sozialen Codes zu senden. Das kann bei Gesprächsthemen anfangen und beim passenden Füller aufhören.
Im ersten Teil untersucht der Autor die Faktoren, die für einen Erfolg im Private Banking wichtig sind.
Über den Autor:
Alexander Morof ist Partner des Stuttgarter Beratungsunternehmens compentus, das auf Banken spezialisiert ist. Schwerpunkte seiner Beratertätigkeit sind das Geschäft mit vermögenden Kunden und generationenübergreifende Beratungsansätze. Als Lehrbeauftragter unterrichtet er seit 2001 an Hochschulen und ist Autor von Fachartikeln und Buchpublikationen. Sein aktuelles Buch „Kennzahlen und Benchmarks im Private Banking“ (2014) befasst sich mit Begriffsabgrenzungen, Segmentierungsansätzen und konkreten Beispielen in regionalen Instituten.